(GZ-23-2024 - 5. Dezember) |
► Deutscher Städtetag: |
Pragmatismus heißt das Zauberwort |
Etliche Vorhaben der bisherigen Bundesregierung liegen nach dem Ende der Ampel-Koalition im Bund derzeit auf Eis. Deshalb empfahlen Präsidium und Hauptausschuss des Deutschen Städtetages bei ihrer jüngsten Sitzung in Frankfurt, dass Regierungsparteien und Opposition gemeinsam noch Mehrheiten für Projekte finden sollten, für die sich die Städte lange eingesetzt haben. „Dass das möglich ist, zeigt das Beispiel Deutschlandticket“, betonte Verbandspräsident Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster. „Die Finanzierung für das Ticket konnte trotz vorgezogener Neuwahlen noch für 2025 gesichert werden. Das war ein gutes Signal. Einen ähnlichen Pragmatismus brauchen wir jetzt auch bei weiteren Gesetzen.“
Bei den Themen Bauen und Wohnen stockten gerade mehrere Vorhaben, vor allem die Reform des Baugesetzbuches und die Verlängerung der Mietpreisbremse, so Lewe. Die Baugesetzbuch-Novelle hätte den Städten an vielen Stellen Wohnungsbau ohne komplizierte Planungsverfahren ermöglicht. Und wenn die Mietpreisbremse auf Bundesebene nicht noch verlängert wird, würden die entsprechenden Landesverordnungen im neuen Jahr reihenweise auslaufen. Dabei sei die Mietpreisbremse ein wichtiger Baustein gegen immer weiter steigende Mieten. Lewe zufolge ist dies in Summe eine problematische Mischung. „Wenn beide Vorhaben kippen, wäre das ein schlechtes Signal an all die Menschen in unseren Städten, die dringend mehr bezahlbaren Wohnraum brauchen.“
Korrekturen am AEG
Darüber hinaus müsse das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) dringend korrigiert werden. Das AEG war zuletzt so verändert worden, dass es fast unmöglich wurde, auf ehemaligen Bahnflächen Bauprojekte zu verwirklichen. Betroffen davon sind viele bereits geplante Vorhaben in Städten bundesweit mit tausenden von Wohneinheiten.
Auch ein Nachfolger des inzwischen ausgelaufenen Digitalpakts Schule ist durch das Aus der Ampel-Koalition ungewiss. Die Gespräche zwischen Bund und Ländern zum Digitalpakt 2.0 sollten aber auf jeden Fall noch fortgesetzt werden, erklärte der Städtetagspräsident: „Der amtierende Bundesbildungsminister muss jetzt die neue Digitalpakt-Vereinbarung mit den Ländern zu Ende verhandeln und dann der künftigen Bundesregierung als Empfehlung mitgeben. Wir können es uns nicht leisten, nach der Bundestagswahl mit den Verhandlungen zum Digitalpakt 2.0 von vorne anzufangen.“
Große Sorgen wegen der Digitalisierung an Schulen
„Wenn weiter unklar bleibt, wie die Digitalisierung an Schulen finanziert werden soll, hat das handfeste Konsequenzen für Schulen, Schülerinnen und Schüler“, fuhr der Verbandschef fort. Tablets und Laptops müssten laufend ersetzt werden. Auch die IT-Infrastruktur für zuverlässige Netzwerke sei weiter zu finanzieren. „Wenn das nicht passiert, besteht die Gefahr, dass die digitale Ausstattung der Schulen sogar wieder zurückgebaut wird. Damit würden sich vor allem die Bildungschancen von Schülerinnen und Schülern aus ärmeren Haushalten wieder verschlechtern.“
Mit Blick auf den noch fehlenden Bundeshaushalt 2025 sorgen sich die Städte zudem um Fördermittel des Bundes, für die bereits ein Förderbescheid vorliegt, aber noch keine Gelder geflossen sind. Besonders kritisch wäre ein Wegbrechen dieser Fördermittel für den Ausbau der Wärmenetze und die Sanierung öffentlicher Gebäude. Dafür benötigten sie Investitions- und Planungssicherheit. Der Ausfall von Fördermitteln und längere Ungewissheit, wie es weitergeht, wären deshalb Gift für die Wärmewende. Denn Fernwärme-Projekte würden so unter Umständen gar nicht erst begonnen. Lewe forderte deshalb von allen Parteien im Bundestag „das glasklare Bekenntnis, dass sich die Städte auch nach der Neuwahl auf zugesagte Fördermittel und die Finanzzusagen des Bundes verlassen können – ganz gleich wer die neue Bundesregierung stellt“.
Überdies fordern die Städte bereits jetzt eine neue Bundesregierung und die Länder dazu auf, für die weitere Digitalisierung der Arbeit in den Gesundheitsämtern Planungssicherheit zu schaffen. Benötigt werde eine Anschlussfinanzierung, wenn der „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ 2026 ausläuft; andernfalls blieben begonnene Digitalisierungsprozesse auf halber Strecke stecken.
Wie Städtetags-Vizepräsidentin, Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Bonn), darlegte, „haben die Gesundheitsämter in den Städten mit großem Engagement die Corona-Pandemie gemeistert“. Viele sinnvolle Digitalisierungsprojekte seien mit dem „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ angestoßen worden; zudem habe man zusätzliches Personal eingestellt. Allerdings gingen die Aufgaben der Gesundheitsämter weit über den reinen Infektionsschutz hinaus. Die Mitarbeiter gingen beispielsweise in Schulen, Kitas und Pflegeheime und leisteten dort präventive Arbeit. Sie bereiteten Schutzmaßnahmen vor für immer häufiger werdende Hitzewellen. Zudem vernetzten sie alle Beteiligten der Gesundheitsversorgung und Suchtberatung.
Wenn der in Corona-Zeiten vom Bund aufgesetzte „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ mit insgesamt 800 Millionen Euro im Jahr 2026 ersatzlos enden würde, verlören die Gesundheitsämter nicht nur qualifiziertes Personal, sondern es stehe auch die weitere Digitalisierung auf dem Spiel, betonte Dörner.
Konkret fordern die Städte von Bund und Ländern, mit den kommunalen Spitzenverbänden ein Zukunftsbild für die Digitalisierung der Gesundheitsämter zu erstellen. Das bisherige Leitbild für das „Digitale Gesundheitsamt 2025“ ziele vor allem auf den Infektionsschutz und greife zu kurz. Zudem müssten zusammen mit den Kommunen einzelne digitale Musterprozesse erarbeitet und bereitgestellt, Standards für den Informations- und Datenaustausch erarbeitet, für laufende Digitalisierungsprojekte auch über 2026 hinaus eine Anschlussfinanzierung sichergestellt, etablierte Netzwerke und Austauschformate von Kommunen mit Landes- und Bundesbehörden weiterentwickelt und ein gemeinsames strukturiertes Wissensmanagement für bundesweit angewandte Verfahren, Normen und Best Practices im Öffentlichen Gesundheitsdienst etabliert werden.
Schuchardt wird neuer Hauptgeschäftsführer
Der Deutsche Städtetag hat die Weichen für den Wechsel in der hauptamtlichen Spitze des Verbandes gestellt. Christian Schuchardt, seit 2014 Oberbürgermeister der Stadt Würzburg, wurde einstimmig zum künftigen Hauptgeschäftsführer des Kommunalverbandes bestimmt. Er tritt sein Amt zum 1. Juli 2025 an und folgt so dem langjährigen Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy, der 2025 in Ruhestand geht.
DK
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