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(GZ-11-2019)
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► „Jungen Reihe“ im Bayerischen Landtag:

 

Junge Ideen für Europa

 

Wie soll Europas Außenpolitik aussehen? Und wie können sich Bürger auf kommunaler Ebene engagieren, um eine europaweite Wertegemeinschaft auf den Weg zu bringen? Darüber diskutierten Schüler mit Abgeordneten aller Fraktionen zum Auftakt der neuen „Jungen Reihe“ im Bayerischen Landtag.

Von links: Franz Rieger, Tobias Gotthardt, Ilse Aigner mit Moderatorin Birgit Frank. Bild: Rolf Poss/Bildarchiv Bayerischer Landtag
Von links: Franz Rieger, Tobias Gotthardt, Ilse Aigner mit Moderatorin Birgit Frank. Bild: Rolf Poss/Bildarchiv Bayerischer Landtag

Jobs oder Studium im Ausland, Reisefreiheit, überall mit dem Euro zahlen: Europa ist für junge Menschen etwas ganz Selbstverständliches. Aber was kritisieren und fordern sie? Und was können sie in Kommunen bewegen, um den europäischen Gedanken voranzubringen?

Um solche Fragen drehten sich die Gespräche an den runden Tischen in den Sälen des Bayerischen Landtages. Die knapp 200 Schüler kamen von Schulen, die an Europaprojekten arbeiten oder Europa-Wettbewerbe gewonnen hatten. Unter den 41 mitdiskutierenden Abgeordneten waren Tobias Gotthardt (Freie Wähler), Dr. Franz Rieger (CSU), die Vorsitzenden des Europa-Ausschusses im Landtag sowie Europa-Befürworter Dr. Adalbert Mischlewski (Initiator der Städtepartnerschaft Grafing – St. Marcellin in Frankreich) und Amálie Kostrížová (Bundesgeschäftsführerin der „Jungen Aktion“ der Ackermann-Gemeinde). Landtagspräsidentin Ilse Aigner und die Gäste waren sich gleich zum Auftakt der Diskussion in einem wesentlichen Punkt einig: Seit 75 Jahren haben bereits zwei Generationen das Glück, ohne Krieg zu leben.

„Ich wage zu behaupten, ein Krieg unter europäischen Nationen ist nicht mehr möglich“, bestätigte der 99-jährige Grafinger Mischlewski, der als junger Mann im Krieg gegen Frankreich kämpfen musste. Seine Funkertruppe habe nach Feierabend lieber mit den Franzosen in den Bistros zusammengesessen, als die Nachbarn zu hassen, erinnerte er sich. Amálie Kostrížová, Mittzwanzigerin und aus Prag, kommentierte die aktuelle Europaskepsis der Tschechen: „Es gibt leider nicht nur populistische Politiker in der Tschechischen Republik, die Fake News streuen, sondern auch viele Vorurteile zwischen Deutschen und Tschechen. Die Menschen brauchen dringend mehr Infos und Hintergrundwissen.“

Kommunen in der Pflicht

Die Schüler nahmen in den Diskussionen auch Initiatoren und Vertreter der Kommunen in die Pflicht. Sie forderten europaweit den Handel mit regionalen und saisonalen Produkten – beispielsweise mit mehr Hofläden in den Gemeinden – zu fördern. So können Verbraucher unnötige Lebensmitteltransporte vermeiden. Ein Beispiel dafür ist die Regionalbewegung Mittelfranken. Sie ist ein Zusammenschluss von lokalen Initiativen, die den Aufbau regionaler Wirtschaftskreisläufe in der Region fördern.

Die Einzelorganisationen tauschen sich untereinander intensiv zu den vielfältigen Themenbereichen der Regionalbewegung aus, um gemeinsam das Bewusstsein der Verbraucher für den Kauf regionaler Produkte zu stärken. Andere Tische forderten eine CO2-, Kerosin- und Plastiksteuer oder auch mehr politische Bildung in den Schulen. Auch mehr Transparenz bei den Brüsseler Entscheidungen und das Verbot von anonymen Spenden verlangte ein Diskussionstisch. Als daraufhin Gotthardt erläuterte, Lobbyismus sei für Politiker eine Möglichkeit Informationen zu sammeln, reagierten die Schüler mit Skepsis. Eine Schülerin widersprach Rieger offen, als der sagte, Braunkohlebergwerke könne man nur im europäischen Konsens abschaffen.

Die Diskussionsergebnisse

wurden in Form von Sternen auf die Bühne gehängt. Eine gemeinsame europäische Armee forderten etwa die Schüler, die mit Christian Zwanziger (Grüne) und Adalbert Mischlewski eine Runde gebildet hatten. Tobias Gotthardt erwähnte in diesem Zusammenhang das Pesco-Bündnis in der EU, deren Teilnehmer eine gemeinsame Verteidigungspolitik entwickeln.

Breite Zustimmung bekam der erarbeitete Beschluss der Jugendlichen, die mit Georg Eisenreichs (CSU) am Tisch saßen. Sie bevorzugen die langfristige Bildung einer europäischen Wertegemeinschaft, statt übereilt ein Kerneuropa mit Mehrheitswahlrecht (statt einstimmigen Beschlüssen) zu fordern. „In der Tat sollte man ein Kerneuropa vermeiden, denn das würde das politische Gewicht Europas schmälern“, bekräftigte Franz Rieger. Die Forderungen der Schüler werden jetzt im Europaausschuss des Landtags diskutiert.

Anja Schuchardt

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