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(GZ-7-2016)
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► Neues Wertstoffgesetz:
 
Suche nach tragbarem Kompromiss
 

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung zum Jahresbeginn dem Entschließungsantrag der Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen, für ein verbraucherfreundliches und bürgernahes Wertstoffgesetz mehrheitlich zugestimmt. Die kommunalen Spitzenverbände begrüßen diese Abstimmung ausdrücklich.

Ein neues Wertstoffgesetz soll regeln, dass zusätzlich zur Sammlung, Sortierung und Verwertung von Verpackungsabfällen künftig auch sonstige Haushaltabfälle aus Kunststoffen oder Metallen wie etwa Kinderspielzeug, Bratpfannen oder Küchengeräte erfasst und verwertet werden sollen. 

Bundesumweltministerium ist gefordert

Zentrale Forderung der Bundesländer ist, auch in Übereinstimmung mit den Forderungen der kommunalen Spitzenverbände, die Übertragung der Organisationsverantwortung für die Sammlung von Wertstoffen auf die Kommunen. Der Arbeitsentwurf für ein Wertstoffgesetz, den das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) im Herbst 2015 vorgelegt hat, sieht hingegen die Überlassung der Verantwortung für die Sammlung und Verwertung von Verpackungen und künftig stoffgleichen Nichtverpackungen weiter den dualen Systemen vor und würde damit der weiteren Privatisierung der Entsorgungswirtschaft nach Auffassung von Deutschem Landkreistag, Deutschem Städtetag sowie DStGB Vorschub leisten. Nach der Abstimmung im Bundesrat sei das Bundesumweltministerium nunmehr aufgefordert, den Arbeitsentwurf für ein Wertstoffgesetz zurückzuziehen und einen neuen Entwurf, der allen Interessen gerecht wird, vorzulegen.

Laut Deutschem Städte- und Gemeindebund kann eine nachhaltige, ressourceneffiziente, transparente, kommunalfreundliche und damit bürgernahe Wertstoffwirtschaft nur mit und nicht gegen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erreicht werden. Nach Jahren der Diskussion gelte es, einen tragbaren Kompromiss, sowohl für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger als auch für die privaten Anbieter zu finden.

Nach Ansicht des Deutschen Landkreistags zeigt der Ländervorschlag einen guten Kompromiss zwischen den Interessen der Kommunen und der Privatwirtschaft auf. Die Bürger würden davon profitieren, wenn die Kommunen künftig die Wertstoffsammlung vor Ort organisieren können. Eine Erhöhung der Abfallgebühren sei nach dem im Ländervorschlag vorgesehenen Finanzierungsmodell nicht notwendig, da die Kosten von den Herstellern von Verpackungen getragen würden.

Zur Diskussion um die Einführung eines Wertstoffgesetzes trägt ein Gutachten des Düsseldorfer Wettbewerbsökonomen Professor Justus Haucap für den bvse bei. Es zeigt auf, dass durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) erhebliche Wettbewerbsdefizite entstanden sind. Leidtragende dieser Entwicklung seien vor allem private Sammler von Metallschrotten. Die Benachteiligung privater Unternehmen in der Abfallwirtschaft drohe weiter zuzunehmen, falls das neue Wertstoffgesetz den Kommunen die Organisationsverantwortung zuschreiben sollte.

Kommunale Trippelfunktion

Laut Gutachten haben die Kommunen eine sog. Trippelfunktion. Das bedeutet, sie treten sowohl als Nachfrager sowie Anbieter von Entsorgungsdienstleistungen auf. Mehr noch: Dadurch, dass die Kommunen ebenfalls die unteren Abfallaufsichtsbehörden besetzen, ent-stehe eine wettbewerblich bedenkliche Verknüpfung von unternehmerischer Tätigkeit und Kontrollinstanzen. Zudem hätten die regulatorische Diskriminierung von privaten Anbietern durch das KrWG und der Trend zur Rekommunalisierung jeweils großes Potenzial, effektiven Wettbewerb und damit die effiziente Bereitstellung von Sekundärrohstoffen zur Verwertung zu behindern.

Die Gutachter verweisen in diesem Kontext auf eine vom Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie durchgeführte Marktstrukturanalyse der Restmüllerfassung in Deutschland, die zeigt, dass der Marktanteil kommunaler Entsorger im Restmüllbereich mittlerweile auf etwa 60 % angewachsen ist. Da die zukünftige Wertstoffsammlung bisher über das präferierte Tonnen-Prinzip angedacht ist, geben die Ergebnisse der Restmüllanalyse einen Hinweis darauf, wie die wettbewerbliche Struktur einer Wertstoffsammlung in kommunaler Hand möglicherweise aussehen könnte. Deshalb betont Haucap: „Die bereits bestehenden wettbewerblichen Missstände in der Abfallwirtschaft werden durch ein kommunal geprägtes Wertstoffgesetz verschärft. Der Gesetzgeber sollte daher auf mehr Wettbewerb in der Wertstoffsammlung setzen.“

 DK

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