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(GZ-21-2020)
gz landespolitik

► Reform der Bauordnung:

 

Weg frei für effektives Bauen

 

Der Bauausschuss hat der Novelle der Bayerischen Bauordnung zugestimmt. Beschleunigte Baugenehmigungen, vereinfachtes Abstandsflächenrecht und die Möglichkeit, den Baustoff Holz in allen Gebäudeklassen einzusetzen, soll Bauen künftig einfacher, effektiver und nachhaltiger machen. Der Opposition geht die Reform allerdings nicht weit genug. Sie kritisieren vor allem die Ausnahmeregelung für München, Nürnberg und Augsburg bei der Neuregelung des Abstandsflächenrechts.

Staatsregierung, Kommunen und die Bau- und Wohnungswirtschaft wollen in der Wohnungspolitik stärker an einem Strang ziehen – so lautete die Vereinbarung des Wohnungsgipfels im vergangenen Jahr. Dazu hat der Bauausschuss jetzt der Reform der Bayerischen Bauordnung zugestimmt, die Verfahren deutlich entschlackt und dadurch die Umsetzung sämtlicher Bauprojekte beschleunigen soll.

Genehmigungsfiktion: schneller Bauen

Einer der Hauptpunkte der Novelle ist die sogenannte Genehmigungsfiktion. Damit sollen Bauvorhaben im Bereich des Wohnungsbaus deutlich schneller genehmigt werden können. Für die meisten geplanten Wohngebäude soll künftig gelten:

Wenn sich die Baugenehmigungsbehörde drei Monate nach dem Einreichen des Bauantrags nicht meldet oder anders entscheidet, gilt der Antrag automatisch als genehmigt. Die Reform stellt jedoch gerade kleine Gemeinden vor personelle Herausforderungen, weil Mitarbeiter dann eine große Anzahl an Bauvorhaben fiktiv genehmigen müssen. Zudem erhöht sich der Druck auf die Bauherren, alle geltenden Vorgaben auch rechtmäßig einzuhalten.

Komplettes Neuland ist die Genehmigungsfiktion für einige Gemeinde und Städte, wie beispielsweise Nürnberg, allerdings nicht.

„Wir machen das bei freistehenden Einfamilienhäusern heute schon so und haben damit gute Erfahrungen gemacht“, sagte Nürnbergs Baureferent Daniel Ulrich der Nordbayerischen Presse. So wird in Nürnberg nur bei Sonderbauten geprüft, ob alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden.

Sonderbauten sind etwa Kindergärten, Hochhäuser, größere Verkaufsstätten oder Krankenhäuser. Alle übrigen Bauvorhaben werden derzeit im vereinfachten Verfahren behandelt.

Auch das Abstandsflächenrecht soll durch die Novelle vereinfacht werden. Die Abstandsflächen werden von 1 H auf 0,4 H gesenkt, also auf 40 Prozent der Wandhöhe reduziert, in Gewerbe- und Industriegebieten sogar noch weiter – was den Flächenverbrauch zurückfahren soll. Gemeinden können wie bisher auch größere Abstandsflächen in einer Satzung festlegen. Es bleibt dabei ein Mindestmaß von drei Metern. Dies soll allerdings nicht für Gemeinden ab 250.000 Einwohner gelten, München, Nürnberg und Augsburg bleiben also von der Regelung ausgeschlossen.

Kritik am Abstandsflächenrecht

Von den Oppositionsparteien wurde die Ausnahmeregelung stark kritisiert, denn gerade hier sei die Wohnungsnot besonders hoch und daher platzsparendes Bauen am dringendsten notwendig.

„In Bayern leiden 162 Kommunen unter dem angespannten Wohnungsmarkt. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, was das Abstandsflächenrecht betrifft, wenn man die drei großen Städte von der Mindestmaßregelung herausnimmt. Eine Sonderregelung schafft ein eigenes Abstandsflächenrecht auf Basis einer willkürlich gewählten Einwohnerzahl und widerspricht zugleich dem Ziel des Gesetzentwurfes einer baurechtlichen Vereinfachung“, sagte Natascha Kohnen (SPD).

Einen „Konstruktionsfehler“ sieht auch Bauausschussvorsitzender Sebastian Körber (FDP) in der Regelung. Er möchte der Behörde erst vier Wochen Zeit geben, um alle Unterlagen auf Vollständigkeit zu prüfen. Danach sollen die drei Monate Genehmigungsfrist beginnen. „Alles andere ist nicht praxisnah“, sagte Körber. Ursula Sowa (Bündnis 90/Die Grünen) warf den Regierungsparteien vor: „Mit der Reform der Bauordnung drehen Sie nur an kleinen Schrauben und ändern nicht das große Ganze!“

Dachausbau: Privilegien für Städte

So beschrieb Sowa die Privilegien für große Städte im Bereich des Dachausbaus als „unmöglich“.

Eigentümer sollen ein Dachgeschoss bald ohne Genehmigung ausbauen können, wenn die Gemeinden ihre Satzungen entsprechend anpassen. Dabei bleiben die Giebelfläche im Bereich des Dachs bei der Berechnung der Abstandsfläche in großen Städten auch künftig privilegiert, da diese Dachform prägend und gerade in den sogenannten Gartenstadtgebieten von großen Städten typisch sei.

Eine Regelung ohne Ausnahme für Giebelflächen hätte hingegen eine Abstandsflächenvergrößerung auf der Giebelseite zur Folge, die laut CSU und Freie Wähler nicht beabsichtigt sei.

Nachhaltigkeit: Holz als Baustoff

Das Bauen mit Holz soll erleichtert werden und der Baustoff künftig in allen Gebäudeklassen verwendet werden dürfen. „Somit gewinnt Holz als Baustoff an Attraktivität und Bauherren haben nicht nur die Möglichkeit effektiver, sondern auch nachhaltiger zu bauen. Mit der Novelle sind wir ein sehr gutes Stück weitergekommen, um die Wohnungsnot in ganz Bayern zu lindern“, sagte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Manfred Eibl (Freie Wähler).

Stellplatzpflicht: Flexibilität für Kommunen

Die neue Bayerische Bauordnung sieht auch vor, dass Kommunen die Stellplatzpflicht flexibler regeln können, weil sie zum Beispiel alternative Mobilitätskonzepte berücksichtigen können. Außerdem soll die Pflicht zum Einbau eines Aufzugs wegfallen, wenn der Aufwand dafür unverhältnismäßig groß wäre. Auch beim Brandschutz sind Erleichterungen geplant. So entfalle der zweite Fluchtweg bei ebenerdigen Veranstaltungsstätten, wenn ausreichend Fenster vorhanden seien und auf die Prüfung des Brandschutznachweises und die entsprechende Bauüberwachung bei Mittelgaragen soll künftig verzichtet werden.

Novelle im Landtag

In der Bayerischen Bauordnung sind das Verfahrensrecht und die Sicherheitsanforderungen an bauliche Anlagen geregelt. Die Bauordnungsnovelle geht zurück auf den Wohnungsgipfel vom 11. September 2019. Sie berücksichtigt wesentliche Ergebnisse einer Abfrage unter den Verbänden des Wohnungsbaus, der Bauwirtschaft und der kommunalen Spitzenverbände.

Nachdem die Staatsregierung den Gesetzentwurf im Juni 2020 in einer ersten Lesung in den Landtag eingebracht hatte, hat nun der Bauausschuss den Gesetzentwurf und die 52 Änderungsanträge beraten und beschlossen. Die zweite Lesung und Verabschiedung des Gesetzentwurfes im Landtag soll voraussichtlich am 02.12.2020 stattfinden.

 

 

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