Die Kommunen können künftig selbst entscheiden, ob und inwieweit sich Mitglieder kommunaler Gremien zu Sitzungen audiovisuell zuschalten lassen können und dabei auch ein Stimmrecht haben. Die Abgeordneten stimmten dem Gesetzentwurf der beiden Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern zur Änderung des Kommunalrechts im Plenum des Bayerischen Landtages Anfang März zu. Bei den künftig möglichen Hybridsitzungen muss mindestens der Vorsitzende im Sitzungsraum körperlich anwesend sein. Rein virtuelle Sitzungen sind weiterhin ausgeschlossen.
„Damit kann jedes Ratsmitglied selbst entscheiden, ob es körperlich an einer Sitzung teilnehmen will oder, falls die Kommune diese Möglichkeit eröffnet, sich zur Sitzung zuschalten lässt,“ sagte Innenminister Joachim Herrmann.
Mehr Optionen für Amtsausführung
Mit der Änderung des Kommunalwahlrechts soll auch die Vereinbarkeit eines kommunalen Mandats mit Familie und Beruf verbessert werden. Bürgerinnen und Bürger haben weiterhin die Möglichkeit, Sitzungen vor Ort im Sitzungsraum zu verfolgen.
Die Regelungen zu den Hybridsitzungen gelten zunächst bis Ende 2022 und bedürften einer Zweidrittelmehrheit, um den Kommunen ausreichend Zeit zu geben, sie zu erproben.
Digitalministerin Judith Gerlach sagte: „Wichtig ist mir vor allem, dass kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger damit mehr Optionen für die Ausübung ihrer wichtigen Funktion erhalten. Das ermöglicht beispielsweise auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Eltern mit kleinen Kindern an Ratssitzungen von zu Hause aus teilzunehmen.“
Reine Briefwahlen möglich
Nach der neuen Rechtslage können künftig Ferienausschüsse auch auf Ebene der Landkreise, Bezirke und Zweckverbände eingesetzt werden. Der Zeitraum für die Einsetzung dieser Ausschüsse wird 2021 von sechs Wochen auf bis zu drei Monate verlängert. Weiterhin können Kommunen außerhalb der Ferienzeit die den jeweiligen Vollgremien vorbehaltenen Entscheidungsbefugnisse bis zu drei Monate – mit Verlängerungsoptionen, längstens bis Ende 2021 – auf beschließende Ausschüsse übertragen.
Bürgerversammlungen nicht zwingend
Dem Ziel, Infektionen zu vermeiden, dienen auch weitere Regelungen des Gesetzes für das Jahr 2021: Bürgerversammlungen müssen nicht zwingend durchgeführt, können jedoch bis Ende März 2022 nachgeholt werden.
Ortssprecherwahlen, Bürgerentscheide und Gemeinde- und Landkreiswahlen sollen im Jahr 2021 als reine Briefwahlen bzw. -abstimmungen erfolgen können. Bei Gemeinde- und Landkreiswahlen hängt dies von einer Anordnung der jeweiligen Rechtsaufsichtsbehörde ab, die auch den jeweiligen Wahltermin festsetzt. Das Gesetz tritt nach Verkündung am 17. März 2021 in Kraft.
„Aushöhlung der Demokratie“
Der bayerische Landesverband der Partei Die Linke. kritisiert die Gesetzesänderung. Die Kritik der Partei lautete:
„Die Möglichkeit der mehrmonatigen Einsetzung von sogenannten Corona-Ausschüssen führt zur Aushebelung der kommunalen Demokratie und zu Kommunalpolitikern erster und zweiter Klasse.“
Denn die beschlossene Änderung der Gemeinde- und Landkreisordnung schließe kleine Parteien und Wählergruppen komplett aus.
„Durch die Änderungen können gewählte Kommunalpolitiker und kleine Parteien bis zum Jahreswechsel komplett von kommunalen Entscheidungen ausgeschlossen werden. Dies ist undemokratisch und respektlos gegenüber den Wählern“, erklärte Kathrin Flach Gomez, Landessprecherin der Partei Sie prüft jetzt eine Klage und hat damit Adelheid Rupp, Rechtsanwältin und ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete, beauftragt.
Update: Am 17.3.2021 hat die Partei Die Linke Klage gegen die Novelle des Kommunalrechts eingereicht.
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