Politikzurück

(GZ-24-2021)
gz landespolitik
GZ-Plus-Mitgliedschaft 

► Bayerischer Landtag:

 

Verschärfung Abgeordnetengesetz und Untersuchungsausschuss

 

Nach intensiven Diskussionen hat der Landtag fraktionsübergreifend einer Verschärfung des Abgeordnetengesetzes zugestimmt. Im Plenum wurde die Einigung u. a. als „Herzstück einer Transparenzoffensive“ sowie als das „umfassendste Regelwerk auf Bundes- und Landesebene“ gelobt. Auslöser für die Gesetzesänderung war die sogenannte Maskenaffäre. Als Konsequenz daraus etabliert der Landtag zusätzlich einen Untersuchungsausschuss.

Der Landtag hat mit fraktionsübergreifender Mehrheit für eine Änderung des Bayerischen Abgeordnetengesetzes gestimmt. Auf eine Verschärfung der Regeln einigten sich die Regierungsfraktionen der CSU und Freien Wähler sowie die Oppositionsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, SPD und FDP. Die AfD und der mittlerweile fraktionslose Abgeordnete Alfred Sauter, der selbst im Zentrum der Affäre steht, stimmten dagegen.

Umfassendstes Regelwerk auf Bundes- und Landesebene

„Die Einigung auf schärfere Regeln im Bayerischen Abgeordnetengesetz zeigt einen breiten Konsens der demokratischen Fraktionen nach intensiven Diskussionen. Es handelt sich dabei nicht nur um die umfassendsten Änderungen, sondern auch um das umfassendste Regelwerk auf Bund und Länderebene“, betonte Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU).

Nebentätigkeiten sind demnach in Zukunft zwar nicht generell verboten. Untersagt sind den Landtagsabgeordneten jedoch bezahlte Lobbytätigkeiten für Dritte bei Staatsregierung, Landtag und weiteren Behörden. Auch der Verkauf und die Vermittlung von Immobilien, Waren und Dienstleistungen für Dritte bei den Organen und Behörden des Freistaates und den Gesellschaften, die mehrheitlich im Eigentum des Freistaates stehen, sind den Parlamentariern künftig verboten.

Darüber hinaus müssen Abgeordnete Einkünfte aus Nebentätigkeiten in Zukunft grundsätzlich ab dem ersten Euro veröffentlichen. Ebenso müssen sie darüber informieren, sobald sie mit drei Prozent an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft beteiligt sind. Bisher liegt diese Grenze bei 25 Prozent.

„Die Verschärfung des Abgeordnetengesetzes ist das Herzstück der Transparenzoffensive. Die Einigung ist ein gewaltiger Erfolg mit der wir parlamentarisches Neuland betreten“, sagte Florian Siekmann (Bündnis 90/Die Grünen).

Martin Hagen (FDP) fügte hinzu: „Wir gehen an die Grenze dessen, was man Abgeordneten an Regeln auferlegen kann ohne das Mandat übermäßig zu bürokratisieren oder für Selbstständige unattraktiv zu machen.“

Transparenz und Glaubwürdigkeit wahren

Konkreter Auslöser für die Verschärfung der Regeln ist die sogenannte Maskenaffäre. Der mittlerweile fraktionslose Abgeordnete Alfred Sauter soll für die Vermittlung von Maskengeschäften im Jahr 2020 hohe Summen Geld erhalten haben. Horst Arnold (SPD) hob hervor:

„Durch die Verschärfung des Abgeordnetengesetzes wird eine exzesshafte Ausnutzung des Systems verhindert. Dies ist der Auftakt einer Glaubwürdigkeitsoffensive. Zurecht wird der Landtag einen Untersuchungsausschuss als Konsequenz aus der Maskenaffäre etablieren.“

Alexander Hold (Freie Wähler) ergänzte in diesem Zusammenhang: „Mit Sanktionen bis zu einer halben Jahresdiät wird deutlich: das Gesetz zeigt Zähne.“

AfD stellt Änderungsanträge

Die AfD-Fraktion stimmte als einzige Oppositionspartei gegen die Verschärfung des Gesetzes. „Es ist kein Gesetz, das die Breite des Landtages umfasst“, sagte Andreas Winhart (AfD) und stellte die von der seiner Fraktion geforderten Änderungsanträge vor. Darin forderte die AfD u. a. Einnahmen aufgrund von Vortragstätigkeit im Bildungsbereich zu gestatten. Die Beteiligungen an Unternehmen sollten aber nicht erst bei drei Prozent, sondern schon ab einem Prozent veröffentlicht werden.

Das Gesetz, das am 1. April in Kraft tritt, ist das strengste Abgeordnetengesetz aller Landesparlament in Deutschland. Das Bundeskabinett hat ebenfalls Ethikregeln für Lobbyisten beschlossen. Der am 16. Juni 2021 verabschiedete Verhaltenskodex verpflichtet professionelle Interessenvertreter unter anderem, ihr Anliegen und ihre Auftraggeber offenzulegen.

Untersuchungsausschuss zur Maskenaffäre

Die Maskengeschäfte selbst werden nun vom Landtag durchleuchtet: Im Plenum wurde von den Fraktionen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen. In der Debatte kündigte Markus Rinderspacher (SPD) an, mit dem Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder auch über „politische Gesamtverantwortung“ sprechen zu wollen.

„Denn wenn man mit dem Zeigefinger mit klugen Ratschlägen auf andere Bundesländer zeigt, dann sollte man zumindest den Blick dafür behalten, wenn es in den eigenen Reihen, in der eigenen Regierung zu unhaltbaren Zuständen kommt.“

So habe der frühere CSU-Abgeordnete Alfred Sauter mit den Maskengeschäften wohl 1.243.000 Euro Gewinn gemacht. „Ein solch dreistes und unverschämtes Krisengewinnlertum ist mir in all den Jahren im Bayerischen Landtag nicht untergekommen“, so Rinderspacher.

Katalog von 234 Fragen

Der Untersuchungsausschuss kam am 9.12. das erste Mal zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Er wird einen Fragenkatalog von 234 Fragen zu bearbeiten haben. „Es geht beim Untersuchungsausschuss nicht so sehr um strafrechtliches Verhalten, denn für uns Abgeordnete ist das Strafrecht allein nicht die Begrenzung unserer Handlungsspielräume, sondern es geht um die Frage politischen Fehlverhaltens“, so der Vorsitzende des neuen Untersuchungsausschusses, Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU).

Stellvertreter Florian Siekmann (Bündnis 90/Die Grünen) kündigte an, der Untersuchungsausschuss „wird nicht weniger leisten als die Aufklärung eines der größten Politskandale in der bayerischen Geschichte“.

Als Vertreter der Opposition betonte er, dass es im Untersuchungsausschuss einerseits „um Fragen des politischen Anstands“ gehen werde, aber zum anderen auch um die Verantwortung der Regierung. Bei zahlreichen Anfragen habe diese „lange gemauert und an vielen Stellen gebremst.“ Einig waren sich die Abgeordneten darüber, dass die Erarbeitung des Fragenkatalogs in konstruktiver Weise stattfand.

Auch SPD, Grüne und FDP betonten, dass die Regierungsfraktionen CSU und FREIE WÄHLER dabei Willen zur Aufklärung an den Tag gelegt hatten. Gerald Pittner (FREIE WÄHLER) erklärte, seine Fraktion stehe „uneingeschränkt für eine sachliche, aber auch an den Regeln des Rechtsstaats orientierte Aufklärung aller offenen Fragen – und dies ohne Ansehen von Amt und Person“. Der Fragenkatalog sei daher im Einvernehmen mit der Opposition so konkretisiert worden, dass dies „verfassungsrechtlich und in der Zielrichtung sinnvollen Hintergrund und Ziele hatte“.

 

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

 

GemeindeZeitung

Politik

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung