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(GZ-5-2022)
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► Anhörung im Verkehrsausschuss des Bayerischen Landtags:

 

Zukunft des Luftverkehrs

Klima- und Umweltaspekte standen im Mittelpunkt einer Sachverständigen-Anhörung im Verkehrsausschuss des Bayerischen Landtags zum Thema „Zukunft des Flugverkehrs“. Übereinstimmend vertraten die Experten die Meinung, dass Fliegen nach der Corona-Krise wieder ein unverzichtbarer Bestandteil des Lebens werden wird, es aber auch nachhaltiger werden müsse.

Dass man mittel- und langfristig um alternative Energieträger wie Wasserstoff, Biokraftstoffe oder durch erneuerbare Energien gewonnene Energie in Batterien nicht herumkommen werde, darauf verwies der Luftfahrtsystem-Experte Prof. Dr.-Ing. Mirko Hornung von der TU München. Aus seiner Sicht muss die gesamte Energiegewinnung sowohl nachhaltig als auch ökonomisch sein – eine Herausforderung, da die Kosten aktuell zwei- bis viermal höher seien als für reguläres Kerosin.

Das Wachstum im Luftverkehr in den nächsten 20 Jahren von der Umweltbelastung zu entkoppeln, ist nach den Worten von Prof. Dr.-Ing. Anke Rita Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, von zentraler Bedeutung. Hierzu seien Flugzeuge und Antriebe energieeffizienter zu gestalten.

Emissionsarmes Fliegen

Umweltfreundlichere Kraftstoffe könnten beigemischt werden, später neue Energieträger, wie etwa Wasserstoff, zur Anwendung kommen. Aktuell seien Beimischungen von nachhaltigem Treibstoff bis zu 50 Prozent möglich, künftig könnten es 100 Prozent sein. Um emissionsarmes Fliegen zu ermöglichen, müssten neben der Veränderung des Antriebssystems beispielsweise neue Integrationskonzepte in die zukünftigen Flugzeuge und die Optimierung der Flugführung in den Blick genommen werden, erläuterte Kaysser-Pyzalla.

Apropos Flugführung: Studien von Dr. Friedrich Thießen, Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre an der TU Chemnitz, belegen, dass sich CO2-Emissionen vor allem einsparen ließen, indem weniger Flüge angeboten würden.

Laut Chief Technical Officer Dr. Sabine Klauke von Airbus Defense und Space sind Flugzeuge der neuesten Generation beim CO2-Ausstoß schon heute 20 bis 30 Prozent energieeffizienter als vergleichbare Vorgängermodelle. Da der Anteil moderner Flugzeuge jedoch nur zwölf Prozent beträgt, müsse die Erneuerung der Flotten ins Visier genommen werden. Ähnlich stelle sich die Situation bei nachhaltigem Treibstoff dar: Bislang könnten die Flugzeuge nur eine Beimischung von maximal 50 Prozent betanken, der Rest müsse herkömmliches Kerosin sein. Genutzt werde dies freilich nur bei einem Prozent der Flüge. Bis Ende des Jahrzehnts aber solle es möglich sein, nur noch synthetischen oder Bio-Treibstoff zu tanken, erklärte Klauke. Je nachdem, wie nachhaltig dieser dann produziert wird, könne der Kohlendioxid-Ausstoß damit drastisch reduziert werden.

Nach den Ausführungen von Dr. Stefan Kreuzpaintner, Chief Commercial Officer Lufthansa Airlines und Lufthansa Hub, investiere das Unternehmen trotz der Corona-Krise konstant in moderne Flugzeuge. Mit dem Airbus A350 werde das derzeit modernste und emissionsärmste Langstreckenflugzeug der Flotte bereits heute am Premiumdrehkreuz in München eingesetzt. Die A350 reduziere nicht nur die CO2- Emissionen um rund 30 Prozent im Vergleich zu bisherigen Langstreckenflugzeugen, sie sei auch wesentlich leiser. Bis 2030 sollen Kreuzpaintner zufolge 170 ältere Flugzeuge ausgetauscht werden. Als wichtig erachtet er auch die Kombination verschiedener Verkehrsträger. Hierzu seien allerdings mehr Bahnanbindungen an die Flughäfen erforderlich.

Gute Anbindung

Die Bedeutung einer guten Anbindung hob auch Jost Lammers, Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen München GmbH, hervor. Zudem forderte er, die Wettbewerbsbedingungen für Airports im Vergleich zum Rest der Welt zu verbessern. Schließlich würden europaweite restriktive Maßnahmen nicht zu einem besseren Weltklima führen. Dies hätte nur zur Folge, dass der Verkehr zu anderen Flughäfen umgeleitet wird.

Darüber hinaus wies Lammers darauf hin, dass aus seiner Sicht grünes Fliegen durchaus möglich ist. Schon heute strebt der Flughafen München mit über 280 bereits umgesetzten Einzelmaßnahmen und dem Ziel der CO2- Neutralität bis zum Jahr 2030 eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz an. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Flughafen München Konzern bis 2030 rund 150 Millionen Euro investieren. Zudem hat der Airport die europäische „Net-Zero-Carbon“-Resolution des ACI Europe, des Dachverbands europäischer Flughäfen, unterzeichnet und sich damit zur Umsetzung eines technisch vollständig CO2-freien Betriebes bis 2050 verpflichtet.

Ist der Verkehr besser zu organisieren, können auch die Lärmprobleme gemindert werden, erklärte Dr. René Weinandy, Fachgebietsleiter für Lärmminderung im Verkehr beim Umweltbundesamt. Dazu habe die Weltgesundheitsorganisation 2018 eine Empfehlung veröffentlicht. Weinandy forderte, Kurzstreckenflüge auf die Schiene zu verlagern und die Kosten für die Umweltbelastung durch das Fliegen an die Fluggesellschaften weiterzugeben. Um einen nachhaltigen Luftverkehr zu organisieren, gelte es, diese Bausteine klug aufeinander abzustimmen.

In der anschließenden Aussprache forderte der Ausschussvorsitzende Sebastian Körber (FDP) die Staatsregierung auf, sich „vollumfänglich auf die jeweiligen Einzelbedürfnisse der drei bayerischen Verkehrsflughäfen München, Nürnberg und Memmingen zu konzentrieren. Hierzu gehört unter anderem eine Express-Anbindung des Flughafens München an die bayerische Landeshauptstadt. Ich bin froh, dass der Bund im Koalitionsvertrag Unterstützung signalisiert.“

Während der stellvertretende Ausschussvorsitzende, Manfred Eibl (Freie Wähler), die Bedeutung von international wettbewerbsfähigen Flughäfen in Europa unterstrich, kritisierte Johannes Becher (Bündnis 90/Die Grünen), dass es nicht reiche, Tanklager grün anzustreichen. Wenn der globale Kerosinverbrauch bei 300 Millionen Tonnen liege, aber lediglich 150.000 Tonnen nachhaltiges Kerosin produziert würden, sei dies eine Herstellung in „homöopathischen Dosen“. Dabei finde der Klimawandel jetzt statt, so befand Becher.

Aus Sicht von Inge Aures (SPD) ist es angebracht, Ökonomie und Ökologie besser in Einklang zu bringen. Als erschreckend bezeichnete sie Berichte, wonach es Fluggesellschaften anscheinend nur darum gehe, Flugzeuge fliegen zu lassen, damit sie ihre Slots an den Flughäfen nicht verlieren. „Dies führt zu großer Unruhe“, pflichtete Uli Henkel (AfD) bei.
Nach den Worten von Ulrike Scharf (CSU) wachsen die europaweiten Umsätze des Luftverkehrs bis 2050 von 185 auf 304 Milliarden Euro. Obwohl sich dieser in einem Jahrzehnt des Umbruchs befinde, könne grüner Luftverkehr gelingen.

Mehr Mobilität und weniger Belastung

Der verkehrspolitische Sprecher der CSU, Jürgen Baumgärtner, fasste die Ergebnisse der Anhörung wie folgt zusammen: „Wir können zukünftig mehr Mobilität auch im Flugverkehr bei weniger Belastung für Mensch und Natur erreichen. Emissionsarme Antriebe und nachhaltige Flugkraftstoffe werden wir dabei durch ergebnisoffene Technologieforschung weiter in den Fokus bringen. Ökonomie und Ökologie sind auch im Flugverkehr vereinbar. Klar wurde aber auch, dass wir die Anbindung der bayerischen Flughäfen insbesondere an das Fernverkehrsnetz der Bahn deutlich verbessern müssen. Hier haben wir bereits wichtige Schritte mit der Beauftragung einer Studie für einen ICE-Anschluss des Flughafens München gemacht. Das müssen wir auch mit der neuen Ampel-Regierung in Berlin fortsetzen.“

DK

 

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