(GZ-18-2022) |
► Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn: |
Licht und Schatten |
Eine insgesamt solide Lehrer- und Unterrichtsversorgung hat Kultusminister Michael Piazolo für das neue Schuljahr 2022/23 attestiert. Und dies, obwohl vor allem in Grund-, Mittel- und Förderschulen noch mehrere hundert Lehrer fehlen, wie das Ministerium auf einer Pressekonferenz in München bekanntgab.
Knapp 1,7 Millionen Schülerinnen und Schüler starteten in das neue Schuljahr – 45.000 mehr als noch im vergangenen Schuljahr, darunter rund 30.000 aus der Ukraine. 130.000 Erstklässler begannen ihr Schulleben, ein Plus von 8 Prozent gegenüber 2021/22.
„Höhere Schülerzahlen führen zwangsläufig zu höheren Bedarfen an Lehrpersonal, zusätzlich fällt durch Corona weiterhin auch im neuen Schuljahr Personal aus. Dennoch ist es gelungen, diese beiden besonderen Herausforderungen für den Schulstart in das kommende Schuljahr unter anderem durch die Akquise von zusätzlichem Personal zu kompensieren“, betonte Piazolo. Auch in Bayern stehe man vor einer zunehmend größer werdenden Herausforderung, die Bedarfe zu decken, aktuell vor allem in den Grund-, Mittel- und Förderschulen. In allen anderen Schularten stehe der Freistaat – auch im bundesweiten Vergleich – gut da“, unterstrich der Minister.
Lehrkräftebedarf gestiegen
Dass der Bedarf an Lehrkräften in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sei, hänge vor allem auch mit den Aufgaben jenseits des normalen Unterrichts wie zum Beispiel Ganztag, Inklusion oder Unterstützungsstrukturen im Bereich digitale Bildung zusammen. Hinzu kämen die durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Fluchtbewegungen, auf die man personell reagieren müsse. Trotz eines angespannten Bewerbermarkts nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland wird der Freistaat laut Piazolo zum neuen Schuljahr mehr als 4.000 Lehrkräfte neu in den Schuldienst – in aller Regel verbeamtet auf Planstelle – einstellen.
Als positiv bewertete es der Minister zudem, dass zum neuen Schuljahr die Angebote im schulischen Ganztag und in der Mittagsbetreuung ausgebaut werden konnten. Zudem würden die Programme zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie wie etwa das Programm „gemeinsam.Brücken.bauen“ (gBb) fortgesetzt. Damit könnten besonders die durch die Pandemie benachteiligten Schüler beim Lernen und in den Sozialkompetenzen intensiv gefördert werden. Hier unterstützten auch die Schulpsychologen und Beratungslehrer.
Auf dem Spiel stehen pädagogische Errungenschaften
Alarm schlug dagegen der BLLV: Nach Verbandsangaben fehlen an den Grund-, Mittel- und Förderschulen im Freistaat 4.000 Lehrkräfte. Damit stünden nicht nur wichtige pädagogische Errungenschaften wie die Inklusion, der Ganztag, die Integration, die individuelle Förderung und die ganzheitliche Bildung auf dem Spiel. Vielmehr würden sogar die Kernbereiche des Unterrichts und die grundlegenden Strukturen der schulischen Bildung angegriffen.
Laut BLLV wird es vielerorts größere Klassen geben sowie Kürzungen bei unterschiedlichen Fächern wie Kunst, Musik oder Sport, bei Förder- und Differenzierungsangeboten, bei Arbeitsgemeinschaften und vielem mehr. Ein fataler Nebeneffekt dieser Entwicklungen seien die großen Unterschiede im Angebot der einzelnen Schulen in ganz Bayern. Das führe nochmals zu einer größeren Bildungsungerechtigkeit.
Echte Profis gesucht
Verbandspräsidentin Simone Fleischmann zufolge „sah das bildungspolitische Streichkonzert auch vor, dass neben professionell ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern auch andere Berufsgruppen an unseren Schulen arbeiten. Aktuell sind das 29 verschiedene Berufsgruppen. Wir gehen in unseren Berechnungen davon aus, dass das Ziel guter Bildung sein muss, dass alle Angebote wieder von ‚echten‘ Profis aufgefangen beziehungsweise vorgehalten werden.“
Attraktive Arbeitsbedingungen gefordert
Damit sich der Lehrermangel langfristig beheben lässt, brauche es attraktive Arbeitsbedingungen, die gleiche Eingangsbesoldung in allen Schularten und eine flexible Lehrerbildung, erklärte Fleischmann. „Wir müssen jetzt beginnen, diese Aufgaben anzupacken. Das ist ein klarer Appell an die Staatsregierung. Wir verspielen sonst im bildungspolitischen Streichkonzert die pädagogischen Errungenschaften vieler Jahre – auf Kosten unserer Zukunft.“
In dasselbe Horn stieß die die bildungspolitische Sprecherin und parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Dr. Simone Strohmayr: „Bayern braucht mehr Lehrkräfte - dafür muss der Beruf attraktiver werden. Die Klassen sind zu groß, es gibt Unterrichtsausfälle, die nicht aufgefangen werden können.“
Die SPD-Fraktion fordert, insbesondere Grundschullehrkräfte besser zu bezahlen, um den Beruf attraktiver zu machen. „Wir wollen A13 für alle, nicht nur für Real- und Gymnasiallehrerinnen und -lehrer. Das würde ein Plus von 700 Euro für Grundschullehrkräfte bedeuten. Derzeit arbeiten die Lehrkräfte oft am Limit. Es müssen alle Register gezogen werden, um mehr Abiturientinnen und Abiturienten für den Beruf zu begeistern.“
Eine Umstrukturierung der Organisation würde ebenfalls zur Attraktivität des Berufs beitragen, hob Strohmayr hervor: „Wir wollen nicht, dass Lehrkräfte nebenbei als Administratoren für die IT der Schulen arbeiten müssen - sie sollen sich auf ihren eigenen Beruf konzentrieren. Deswegen brauchen wir mehr IT-Fachkräfte an Schulen, damit die Digitalisierung nicht an den Lehrern hängen bleibt. Auch mehr Verwaltungskräfte können helfen.“
DK
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