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(GZ-18-2022)
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► Bayerischer Ministerrat zur Sicherung der Energieversorgung:

 

Zentrale Stellschrauben

Für die Bayerische Staatsregierung steht die Sicherung der Energieversorgung an erster Stelle. „Die durch den Angriff Russlands auf die Ukraine ausgelösten Umwälzungen auf den gesamten Energiemärkten treten dabei immer deutlicher zu Tage und bedürfen eines entschlossenen Handelns der Politik“, machte der Ministerrat in München deutlich.

Zentrale Stellschrauben, um die Energieversorgung Bayerns auch mittel- bis langfristig zu sichern, sind laut Staatsregierung der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien, die zügige Genehmigung und Fertigstellung der Stromleitungen, der Aufbau von zusätzlicher gesicherter Leistung sowie der Aus- bzw. Aufbau des deutschen und europäischen Gas- und Wasserstoffnetzes. In diesen Bereichen habe der Freistaat bereits entsprechende Maßnahmen eingeleitet und konkrete Ziele für das Jahr 2030 (Bayerischer Energieplan 2030) formuliert.

So soll die Stromerzeugung mit regenerativen Energien bis 2030 von 39,6 TWh (Stand 2020) auf rund 78 TWh verdoppelt werden. Im Bereich der Photovoltaik ist vorgesehen, die Stromerzeugung bis 2030 von heute 13 TWh auf 40 TWh zu verdreifachen. Bei der Wasserkraft soll an den vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz ermittelten Standorten ein zusätzliches Potenzial von 18 MW Leistung erschlossen werden.

Potenziale erschließen

Bei der Bioenergie wird ein Steigerungspotenzial von rund 15 Prozent gesehen. Bei der Windkraft strebt die Staatsregierung – auch durch die Reform der 10 H-Regelung – einen Zuwachs von mindestens 800 bis zu 1.000 Windenergieanlagen in den nächsten Jahren an. Das Potenzial der Geothermie soll weiter gehoben werden, um bis 2050 rund 25 Prozent des bayerischen Wärmebedarfs im Gebäudesektor aus dieser Form der Erneuerbaren Energien zu decken.

Die Staatsregierung bekräftigt diese Ziele und beauftragt Wirtschafts-, Umwelt-, Landwirtschafts- und Bauministerium, dem Ministerrat Detailkonzepte zur Umsetzung zeitnah vorzulegen. Ergänzend wird das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gebeten, einen Plan vorzulegen, um mindestens 100 Windenergieanlagen im Bayerischen Staatswald zu initiieren.

Da die maßgeblichen Rahmenbedingungen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien vom Bund gesetzt werden, wird das Wirtschaftsministerium beauftragt, das Erreichen der bayerischen Ziele eng zu monitoren und gegenüber dem Bund nötige Anpassungen des gesetzlichen Rahmens – insbesondere im EEG 2023 – einzufordern.

Insbesondere soll eine Bundesratsinitiative geprüft werden, wie die Netzbetreiber dazu verpflichtet werden können, die Einspeisevoraussetzungen für Anlagenbetreiber zeitnah zu gewährleisten. Zudem wird das Wirtschaftsministerium damit betraut zu prüfen, ob und auf welche Weise auch die bestehenden Einrichtungen in Bayern (z.B. Landesagentur für Energie und Klimaschutz) verstärkt zum Monitoring der Ziele eingesetzt werden können.

Stromleitungsbau

Um den Ausbau der Stromleitungen zu beschleunigen, hat die Staatsregierung bereits ein Konzept zur vorübergehenden Verstärkung der Genehmigungsbehörden beschlossen. Ergänzend wird das Wirtschaftsministerium gebeten, auch den Stromleitungsausbau eng zu monitoren, bestehende Probleme im Sinne der Beschleunigung des Leitungsbaus in Bayern eng zu begleiten (Hotspot-Management) und laufend auch notwendige und sinnvolle Anpassungen des bundesgesetzlichen Rahmens gegenüber dem Bund einzufordern, um insbesondere die Planungs- und Genehmigungsverfahren weiter zu beschleunigen.

Strommarktdesign anpassen

Vor dem Hintergrund, dass es zur Absicherung der Erneuerbaren Energien zusätzlicher gesicherter Leistung bedarf, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, wird das Wirtschaftsministerium auch gebeten, sich hier intensiv in den bundespolitischen Prozess zur nötigen Anpassung des Strommarktdesigns einzubringen. Es müsse sichergestellt werden, dass diese Kraftwerke zeitnah insbesondere an bayerischen Standorten realisiert werden.

„Es ist das Ziel Europas, Deutschlands und Bayerns, zeitnah unabhängig von den russischen Gaslieferungen zu werden. Dadurch verändern sich auch die Gasflüsse in ganz Europa mit der Folge einer zwingend erforderlichen Anpassung des deutschen und europäische Gasnetzes“, so die Staatsregierung. Entsprechende Weichenstellungen erfolgten in Deutschland im aktuellen Prozess zur Entwicklung des „Netzentwicklungsplans Gas 2022“ unter Federführung der Ferngasnetzbetreiber und der Bundesnetzagentur.

Am 1. September 2022 haben die Ferngasnetzbetreiber zudem den im Energiewirtschaftsgesetz vorgesehenen Bericht zur erstmaligen Erstellung eines Netzentwicklungsplans Wasserstoff vorgelegt. Darin enthalten sind konkrete Vorschläge zur rechtlichen Implementierung eines verbindlichen Konzepts.

Gas- und Wasserstoff-Infrastruktur ausbauen

Weil der bedarfsgerechte Aus- bzw. Aufbau der Gas- und Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland und Europa für die Staatsregierung höchste Priorität habe und es sichergestellt werden müsse, dass Bayern sowohl bei Gas als auch Wasserstoff einen angemessenen Zugang sowohl zu den LNG-Terminals im Norden Deutschlands wie auch im Süden Europas (z.B. Italien, Kroatien) hat, wird das Wirtschaftsministerium beauftragt, dem Ministerrat zeitnah zum Netzentwicklungsplan Gas 2022 und zum vorgelegten Wasserstoffbericht zu berichten und notwendige Forderungen Bayerns an den Bund und die EU vorzulegen. In dem Bericht sollen zudem die industriepolitischen Implikationen der aktuellen strukturellen Umbrüche der Energiemärkte analysiert und Vorschläge zur strategischen Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen im Freistaat – zum Beispiel mit Blick auf die Ansiedlung zukunftsfähiger Industrien – entwickelt werden.

Die Staatsregierung hat überdies eine Bundesratsinitiative beschlossen, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, die Gaspreisanpassungs-Verordnung auf Grundlage von § 26 EnSiG (Gesetz zur Sicherung der Energieversorgung) mit sofortiger Wirkung aufzuheben. Die damit verbundene Erhebung der Gasbeschaffungsumlage zum 1. Oktober 2022 soll nicht erfolgen, da sie eine weitere Kostensteigerung der privaten und gewerblichen Verbraucher bewirke, die sich durch die in den vergangenen Monaten bereits stark gestiegenen Energiekosten ohnehin einer massiven Zusatzbelastung gegenübersehen, argumentiert der Ministerrat.

Durch die Gasbeschaffungsumlage in ihrer jetzigen Form kämen auch Unternehmen in den Genuss der Umlage, die das Geld tatsächlich nicht benötigen, da sie nicht insolvenzgefährdet sind. Dies stehe im Widerspruch zur Verordnungsbegründung, die den Zweck der Gasbeschaffungsumlage in der Verhinderung insolvenzbedingter Ausfälle von für den Markt wichtigen Gasimporteuren sieht. Der Bundesrat halte es daher für erforderlich, dass zunächst Stabilisierungsmaßnahmen nach § 29 EnSiG vorrangig geprüft werden und zur Anwendung kommen, um tatsächlich nur solche Unternehmen zu unterstützen, die aufgrund der Verwerfungen auf dem Gasmarkt insolvenzgefährdet sind.

Finanzierung energetischer Investitionen bei Baudenkmälern

Ein weiterer Beschluss des Ministerrats hat die steuerliche Unterstützung der Energiewende zum Ziel. Mit folgenden Maßnahmen soll die Finanzierung energetischer Investitionen bei Baudenkmälern erleichtert werden:

  • Baumaßnahmen zum Erhalt eines Baudenkmals sollen bereits innerhalb von acht anstatt bisher zwölf Jahren abgeschrieben werden können. Die Abschreibungen hierfür sollen für die ersten vier Jahre jeweils bis zu 15 Prozent und für die folgenden vier Jahre bis zu zehn Prozent der Herstellungskosten betragen können.
  • Gerade auch Aufwendungen für ein Baudenkmal, das als Eigenheim genutzt wird, sollen steuerlich schneller berücksichtigt werden können: In den ersten vier Jahren sollen künftig jeweils bis zu 15 Prozent und für die folgenden vier Jahre bis zu zehn Prozent der Herstellungskosten als Sonderausgaben abzugsfähig sein.
  • Wer aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen auf Baudenkmälern Einkünfte erzielt, soll künftig die Anlage wie nachträgliche Gebäude-Herstellungs-
  • kosten abschreiben können. Erfolgt keine Einspeisung ins Stromnetz, soll es die Steuerbegünstigung geben, wie sie für nachträgliche Gebäudeherstellungskosten von zu eigenen Wohnzwecken genutzten Baudenkmalen gilt.

Bessere Abschreibungsbedingungen

  • Die verbesserten Abschreibungsbedingungen bzw. Steuervergünstigungen bei Baudenkmalen sollen auch für Gebäude in Sanierungsgebieten bzw. städtebaulichen Entwicklungsbereichen gelten.
  • Aufwendungen für die energetische Modernisierung eines vermieteten Wohngebäudes sollen künftig stets als sofort abziehbare Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben behandelt werden können.

„Für die Sicherstellung einer zukunftsfähigen Energieversorgung müssen alle Bereiche miteinbezogen werden. Auch eine nachhaltige Energieversorgung von Baudenkmälern kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten“, heißt es in der Verlautbarung des Ministerrats.

DK

 

 

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