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(GZ-19-2023 - 12. Oktober)
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► Baugipfel im Kanzleramt:

 

Maßnahmen gegen die Wohnkrise

 

Auf dem Baugipfel im Berliner Kanzleramt haben Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesbauministerin Klara Geywitz Maßnahmen zur Entlastung der Bauwirtschaft präsentiert. Wie aus einem 14 Punkte umfassenden Papier hervorgeht, sei die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum „eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit“.

Konkret soll der Energiesparstandard EH40 für Neubauten gekippt werden, der ab 2025 hätte gelten sollen. Das Vorhaben, auf EU-Ebene eine Sanierungspflicht einzuführen, soll nicht weiterverfolgt werden. Bei entsprechenden Verhandlungen will sich die Ampel zwar „für anspruchsvolle Sanierungsquoten für den gesamten Gebäudebestand“ einsetzen, nicht aber für verpflichtende Sanierungen. Zudem soll es bei Bauvorhaben Steuervorteile durch besondere Abschreibungsregeln, die sogenannte Afa, geben. Geplant ist auch, den „Klimabonus“, der Hauseigentümer beim Tausch alter, fossiler gegen neue, klimafreundliche Heizungen fördert, zu erhöhen und auch auf Wohnungsunternehmen und Vermieter auszuweiten.

Den Ländern soll eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglicht werden. Im Zeitraum von 2022 bis 2027 sollen ihnen „Programmtitel in Höhe von insgesamt 18,15 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung“ gestellt werden. In Städten und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten ist vorgesehen, den Bau bezahlbaren Wohnraums zu vereinfachen und zu beschleunigen. KfW-Förderprogramme sollen attraktiver ausgestaltet und erweitert werden.

Stärkere Förderung von Wohneigentum

Stärker und für mehr Familien will die Ampelregierung den Erwerb von Wohneigentum fördern. Die Kredithöchstbeträge werden demnach um 30.000 Euro und die Höchstgrenze beim zu versteuernden Einkommen von 60.000 Euro auf 90.000 Euro angehoben. Das noch junge Programm „Wohneigentum für Familien“ war vor allem wegen der bisherigen Einkommensgrenze kaum genutzt worden.

Geplant ist zudem, die angepeilte, sogenannte Wohngemeinnützigkeit im kommenden Jahr zu starten. Dabei sollen Vermieter, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen, steuerlich begünstigt und gefördert werden.

Als „kleine Schritte in die richtige Richtung, die aber noch viel Luft nach oben lassen“, kommentierte Bayerns Bauminister Christian Bernreiter die Ergebnisse des Berliner Baugipfels: „Das Papier klingt in Ansätzen ganz brauchbar und enthält auch einige Ansätze, die wir schon länger fordern. Wenn man aber genauer hinschaut, offenbart sich ein halbherziger Ansatz. Die sehnlichst erwartete degressive Abschreibung von Wohnraum ist zeitlich wieder nur begrenzt. Bayern fordert seit Jahren eine dauerhafte degressive Abschreibung. Außerdem brauchen wir gerade für Ballungsräume eine Sonderabschreibung auch auf Grundstückskosten. Ich vermisse außerdem Sonderabschreibungen für selbstbezogenes Eigentum, eine deutliche Aufstockung der KfW-Mittel und einen Ersatz für den entfallenen Paragraf 13b des Baugesetzbuches, der besonders für kleine Gemeinden im ländlichen Raum wichtig ist. Es ist mehr als fraglich, ob die 14 Punkte ausreichen, um bei der verfehlten Baupolitik der Ampelregierung das Ruder herumzureißen. Die gesetzgeberischen Maßnahmen müssen auf jeden Fall schnellstens umgesetzt werden, um Wirkung zu entfalten.“

Viel Luft nach oben

Schon im Vorfeld des Baugipfels hatten Branchenverbände deutliche Kritik an der Baupolitik des Bundes geäußert. Teilweise waren sie dem Treffen im Kanzleramt ferngeblieben. „Die ganze Branche ist massiv enttäuscht vom Bund. Sie sind noch immer von den von heute auf morgen gestrichenen KfW-Förderprogrammen zu Beginn der Ampelkoalition verunsichert, während ihnen gleichzeitig das Heizungsgesetz die Luft zum Atmen nimmt. So schafft man kein Vertrauen bei den Häuslebauern und keinen Aufwind in der Branche“, kritisiert der Minister.

Der Bund soll sich laut Bernreiter lieber ein Vorbild an Bayern nehmen: „Mit dem Wohnbau-Booster Bayern und unserem neuen Baukonjunkturprogramm steuert der Freistaat gezielt gegen den Abwärtstrend der Branche.“

Bayern steuert gegen den Abwärtstrend

Zum Beispiel vergünstigt der Freistaat mit dem Bayern-Darlehen die Zinsen bei der Schaffung von Wohneigentum um drei Prozent-Punkte und hat die Einkommensgrenzen in der Wohnraumförderung um rund 25 Prozent angehoben, so dass nun rund 60 Prozent der bayerischen Bevölkerung von einer Förderung profitieren können. Falls das Eigenkapital nicht ausreicht, gibt es auch Staatsbürgschaften für Nachrangdarlehen. „Solche Maßnahmen hätte ich mir heute auch vom Bund gewünscht“, verdeutlicht Bernreiter. „Mit solch kraftlosem Agieren wie heute wieder gezeigt ist es kein Wunder, dass der Bund jedes Jahr weiter hinter sein selbstgestecktes Wohnbauziel zurückfällt.“

Dass es auch anders geht, zeigten die drei staatlichen Wohnungsbaugesellschaften des Freistaats. Trotz der aktuell schlechten Rahmenbedingungen werde allein die BayernHeim bis Ende des Jahres 6.800 Wohnungen in Bestand, Bau oder Planung haben. Gemeinsam mit der Stadibau und dem Siedlungswerk Nürnberg werden es Bernreiter zufolge bis Ende des Jahres 25.800 Wohnungen sein.

Aus Sicht des Sprechers für Infrastruktur, Bauwesen und Mobilität der CSU im Bundestag, Michael Kießling, MdB, „ist das Maßnahmenpaket zur Belebung der Bauwirtschaft eine herbe Enttäuschung. Trotz der dramatischen Lage auf dem Bau präsentiert die Bundesregierung fast keine kurzfristigen Maßnahmen zur Entlastung. Zwar kündigt die Bauministerin Geywitz Gesetzesänderungen, einen Beschleunigungspakt sowie mögliche Eigentumsförderungen für das kommende Jahr an, jedoch schaffen Ankündigungen keine Investitionen. Denn all diese Forderungen müssen erst abgestimmt und dann auch gesetzgeberisch auf den Weg gebracht werden. Zudem greift das vorgelegte Maßnahmenpaket zu kurz – denn weiterhin versucht die Bundesregierung durch Kreditprogramme den Wohnungsbau anzukurbeln, anstatt mit direkten Zuschüssen die Eigenkapitalbasis von Familien zu unterstützen.“

Somit bleibe der Baugipfel weit hinter den Forderungen zurück und komme zudem viel zu spät, denn die negativen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen seien seit zwei Jahren bekannt, teilte Kießling mit. „Dazu passt auch, dass bereits im Vorfeld zwei der wichtigsten Branchenverbände die Reißleine gezogen haben und den Baugipfel im Kanzleramt boykottieren. Das ist nicht nur ein Zeichen des Vertrauensverlustes, sondern vor allem das Ergebnis purer Ignoranz der Bundesregierung. Anstatt Bauen jetzt zur Chefsache zu machen und sich wirklich gegen die Krise zu stemmen, werfen der Kanzler und seine Bauministerin erneut mit Nebelkerzen um sich!“

DK

 

 

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