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(GZ-15/16-2024 - 1. August)
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► Ladenschlussgesetz/Sprachtests/Verwaltungsgericht:

 

Bayerisches Kabinett gibt grünes Licht

 

Der Freistaat wird auf Beschluss des Ministerrats ein eigenes Bayerisches Ladenschlussgesetz (BayLadSchlG) erhalten. Damit wird der Koalitionsvertrag für die aktuelle Legislaturperiode umgesetzt, der weitere lange Einkaufsnächte und den durchgängigen Betrieb digitaler Kleinstsupermärkte als neue Form der Nahversorgung vorsieht. Das BayLadSchlG ersetzt das Bundesladenschlussgesetz von 1956.

Laut neuem Ladenschlussgesetz werden die allgemeinen werktäglichen Öffnungszeiten von 6 bis 20 Uhr beibehalten. Das grundsätzliche Verbot der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen ist verfassungsrechtlich geschützt und wird nicht angetastet. Weiterhin erlaubt sind bis zu vier anlassbezogene verkaufsoffene Sonn- oder Feiertage pro Jahr, die durch die Gemeinden selbst festgesetzt werden.

Einkaufsnächte

Städte und Gemeinden bekommen erstmals die Möglichkeit, pro Jahr bis zu acht längere anlasslose Einkaufsnächte von Montag bis Samstag bis 24 Uhr abzuhalten. Künftig bedarf es keiner Genehmigung durch die Bezirksregierungen mehr. Digitale Kleinstsupermärkte wurden bislang als reine Warenautomaten angesehen, fielen folglich nicht unter das Ladenschlussgesetz des Bundes und durften an Werktagen 24 Stunden öffnen, an Sonn- und Feiertagen eingeschränkt.

Ausnahme im BayLadSchlG

Nach aktueller Rechtsprechung werden digitale Kleinstsupermärkte als Verkaufsstellen gewertet und unterliegen damit dem Ladenschlussgesetz des Bundes. Damit ein durchgehender Betrieb auch während der allgemeinen Ladenschlusszeiten sowie an Sonn- und Feiertagen möglich ist, bedarf es im BayLadSchlG einer Ausnahme. An Sonn- und Feiertagen dürfen diese nun generell öffnen.

Den zeitlichen Rahmen gibt die jeweilige Gemeinde vor. Eine Beschränkung des Sortiments digitaler Kleinstsupermärkte ist gegenüber dem üblichen Warenangebot von Supermärkten nicht vorgesehen. Die maximal zulässige Verkaufsflächengröße beträgt 150 Quadratmeter.

Sonn- und Feiertagsverkauf in Tourismusorten

Der Sonn- und Feiertagsverkauf in Tourismusorten an bis zu 40 Tagen im Jahr bleibt erhalten, sofern er auf ein bezirksbezogenes Warensortiment sowie touristisch relevante Warengruppen und Lebensmittel, die zum sofortigen Verzehr geeignet sind, beschränkt ist. In diese Kategorie fallen derzeit etwa 500 der 2.056 bayerischen Gemeinden. Durch konkretisierte Kriterien sollten künftig im Wesentlichen die bisherigen Ausflugs- und Wallfahrtsorte ihren Status beibehalten können. Das Verfahren zur Bestimmung der Ausflugs- und Wallfahrtsorte wird jedoch flexibilisiert.

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hob vor allem das Ermöglichen acht langer Einkaufsnächte jährlich sowie die Öffnung der digitalen Kleinstsupermärkte auch an Sonn- und Feiertagen hervor: „Damit haben wir die Koalitionsvereinbarungen umgesetzt, die mir als Wirtschaftsminister sehr wichtig waren.

Die langen Einkaufsnächte dienen vor allem der Belebung der Innenorte. Digitale Kleinstsupermärkte ermöglichen dagegen vor allem die Verbesserung der Nahversorgung der Menschen im ländlichen Raum in Zeiten des Arbeitskräftemangels. Mehr Freiheit für die Kommunen, ihren Handel zu fördern, mehr Freiheit für den Handel selbst und Nutzung neuer technologischer Möglichkeiten sind die Kernelemente.“

Ausnahmeregelungen

Zufrieden zeigte sich der Minister auch damit, „dass wir uns auf flexiblere und leichtere Ausnahmeregelungen für Großereignisse verschiedenster Art einigen konnten. Bei über die bayerischen Grenzen hinaus populären Veranstaltungen wie der Landshuter Hochzeit, den Oberammergauer Passionsspielen oder auch sportlichen Großereignissen kann sich damit Bayern gerade gegenüber ausländischen Gästen, die an lange Öffnungszeiten gewohnt sind, besser darstellen.“

Laut Sozialministerin Ulrike Scharf „bleiben die Balance der verschiedenen Interessen und der wichtige Schutzgedanke des Gesetzes gewahrt. Kommunen erhalten künftig mehr Gestaltungsspielraum, unnötige Bürokratie wird abgebaut.“

Verpflichtende Sprachtests

Themenwechsel. Erstmals sollen Kinder, die im September 2026 in die Schule kommen, verpflichtende Sprachtests vor ihrer Einschulung absolvieren. Zu Beginn des Jahres 2025 erhalten die Eltern der Kinder von der zuständigen Grundschule ein Schreiben mit allen wesentlichen Informationen. Das Kabinett gab die dazu notwendigen Regelungen zur Verbändeanhörung frei, damit können im nächsten Schritt zunächst Bildungsverbände und andere Experten ihre Kommentare abgeben.

Die Feststellung des Sprachstands für die etwa viereinhalb Jahre jungen Kinder solle in einem zweistufigen Verfahren an den jeweiligen Grundschulen erfolgen: per fest etabliertem Sprachtest im vorletzten Kita-Jahr und per Sprachscreening bei der Schulanmeldung. Bei zu großen Sprachdefiziten ist vorgesehen, je nach Alter ein verpflichtendes Vorschuljahr einzuführen oder alternativ Sprachunterricht anzubieten.

Sollte eine staatlich geförderte Kita erklären, dass kein erheblicher Sprachförderbedarf bestehe, muss das Kind nicht an der Sprachstandserhebung an der Grundschule teilnehmen. Das Kultusministerium werde die Schulen durch die zentrale Bereitstellung eines wissenschaftsbasierten Instruments sowie zusätzliche personelle Ressourcen unterstützen.

Nach Angaben von Staatskanzleichef Florian Herrmann solle keine „unsinnige“ Bürokratie entstehen, es müsse aber garantiert sein, dass jedes Kind, das eingeschult wird, in der Lage ist, Deutsch so zu sprechen, wie es notwendig ist.

Neues Verwaltungsgericht

Grünes Licht gab der Ministerrat außerdem für ein Verwaltungsgericht für Niederbayern am Standort Plattling. Zudem leitete er ein Flächenmanagementverfahren für ein geeignetes Gebäude ein. Im Endausbau soll das neue Verwaltungsgericht sieben Kammern mit rund 50 Mitarbeitern umfassen. Dafür wird eine Gebäudefläche von rund 2.000 Quadratmetern benötigt.

Da staatliche Grundstücke in Plattling nicht zur Verfügung stehen, ist die Staatliche Immobiliengesellschaft IMBY mit der Suche nach einem geeigneten Miet-Objekt beauftragt worden. Je nach Angeboten soll das Gericht in einem Bestandsgebäude oder in einem Neubau unterkommen. Wie Innenminister Joachim Herrmann erläuterte, „gehen wir davon aus, dass das neue Gericht ab Juli 2028 den Betrieb aufnehmen kann. Das Verwaltungsgericht Plattling wird dann für alle ab diesen Zeitpunkt neu eingehenden Verfahren aus dem Regierungsbezirk Niederbayern örtlich zuständig sein.“

Das dafür benötigte Personal wächst entsprechend dem Bedarf schrittweise an. Großen Wert legt Herrmann darauf, dass der Verlagerungsprozess von Regensburg nach Plattling sozialverträglich gestaltet wird: „Nur so werden wir den neuen Gerichtsstandort erfolgreich auf den Weg bringen.“ Die Verlagerung stärke zugleich den ländlichen Raum Niederbayerns und entlaste die „Boomtown“ Regensburg.

Auf Herrmanns Vorschlag beschloss der Ministerrat zudem, die Asylverfahren für Flüchtlinge ausgewählter Herkunftsstaaten bei den einzelnen Verwaltungsgerichten zu konzentrieren. „Durch die Konzentration bestimmter Herkunftsstaaten gewinnen die Gerichte eine größere Expertise in den Verfahren. Dadurch erhoffen wir uns schnellere Asyl-Entscheidungen und insgesamt eine Beschleunigung der landesweiten Verfahrenslaufzeiten“, stellte der Minister fest.

Herrmann zufolge sollen künftige Streitigkeiten nach dem Asylgesetz mit Asylbewerbern aus dem Jemen und Nigeria bayernweit vor dem Verwaltungsgericht Augsburg verhandelt werden. Kommen die Asylbewerber aus Jordanien und Peru, wird das Verwaltungsgericht Bayreuth zuständig sein. Die Herkunftsländer Angola, Demokratische Republik Kongo, Kongo, Sierra Leone und Uganda sind dem Verwaltungsgericht Regensburg zugeordnet. Das Verwaltungsgericht Würzburg verhandelt zukünftig auch die Verfahren von Asylbewerbern aus der Türkei, für die bisher das Verwaltungsgericht Ansbach zuständig gewesen ist.

DK

 

 

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