Aiwanger zufolge gibt es keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Bayern sei „wirtschaftlich viel zu gut, um sich vom negativen Bundestrend runterziehen zu lassen“. Nirgendwo in Deutschland sei die Arbeitslosigkeit so niedrig, nirgendwo würden mehr junge Firmen gegründet als in Bayern, nirgendwo werde eine Investitionsquote von 15 Prozent erreicht. „Wir unterstützen die Start-Ups mit neuen Förderfonds und passgenauen Krediten in Höhe von 750 Millionen Euro. Dadurch stärken wir die Gründer, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen“, unterstrich Aiwanger.
Bund schuld an verfehlten Rahmenbedingungen
In seiner Analyse verwies der Minister darauf, dass die Wirtschaft wegen „völlig verfehlter Rahmenbedingungen durch den Bund“ unnötig in die Krise geraten sei. Die Steuern seien zu hoch, die Energie zu teuer, Bürgergeld als Fehlanreiz verschärfe den Fachkräftemangel, Bürokratie und Auflagen schränkten die Handlungsfähigkeit der Unternehmen ein. „Wir müssen in Deutschland schneller, digitaler, und pragmatischer handeln, weil wir im internationalen Wettbewerb stehen. Ein großes Problem ist, dass die Ampel im Bund ideologisch handelt. Während bei uns noch über die Frauen-Quote in den Betrieben diskutiert werden muss, ziehen die Chinesen schon die Fabrik hoch. Und wenn ein Gastronom seinen Parkplatz erweitern möchte, muss er erst noch das Haselmaus-Gutachten abwarten“, machte Aiwanger deutlich.
Steuern senken
Deutschland müsse es wieder hinbekommen, auch mit 95 Prozent-Lösungen zufrieden zu sein und nicht immer zu warten, bis 110 Prozent erreicht würden. Geschäftsmodelle müssten umgesetzt und Steuern für Wirtschaft und Arbeitnehmer gesenkt werden. Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch die Abschaffung der Erbschaftssteuer.
Fehlende Planungssicherheit
Die wirtschaftliche Großwetterlage ist aus Sicht des Ministers alles andere als rosig. Den Unternehmen und den Menschen fehle Planungssicherheit und sie seien durch das Heizungsgesetz verunsichert. Es fehlten Förderprogramme zum Beispiel für Elektro- und Wasserstoffmobilität.
„Aufgrund falscher Weichenstellung auf EU-Ebene“ stünden die Automobilindustrie und ihre Zulieferer mit insgesamt rund 450.000 Arbeitsplätzen in Bayern vor großen Herausforderungen. Das ideologisch motivierte Verbrennerverbot ab 2035 müsse zurückgenommen werden. Die drohenden CO2-Strafzahlungen in Milliardenhöhe seien auszusetzen, um die bayerische und die deutsche Autoindustrie in der schwierigen Transformationsphase nicht zusätzlich zu belasten.
Wie der Minister darlegte, „unterstützt der Freistaat die Auto- und Zulieferindustrie mit der Hightech-Agenda, Forschungs-, Regional- und Transformationsförderungen. Wir sind beim Ausbau der Elektrolade- und Wasserstoff-Infrastruktur führend. Wir haben fast 50 Millionen Euro in über 13.000 Ladepunkte in Bayern investiert.
Wir fördern die Wasserstoff-Infrastruktur mit nahezu 200 Millionen Euro. Damit werden 25 H2-Tankstellen und 50 Elektrolyseure im Freistaat gebaut. In den vergangenen Jahren haben wir mit 240 Millionen Euro Forschung und Entwicklung in der Auto-Branche gefördert.“
Angesichts des Krieges in der Ukraine sei die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie wichtiger denn je, bekräftigte Aiwanger. Rund ein Drittel der gesamtdeutschen Wertschöpfung werde im Freistaat erwirtschaftet. Sie mache einen Umsatz von mehr als vier Milliarden Euro.
„Schon im Koalitionsvertrag haben wir klargestellt: Wir werden die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie als strategisch wichtigen Sektor weiter stärken.“ Mit den Bayerischen Technologieförderprogrammen werde diese Schlüsselbranche gezielt bei der Entwicklung neuer Produkte und Verfahren sowie der Anwendung neuer Technologien unterstützt. Hierfür sei ein Ansatz von jährlich über 80 Millionen Euro an Haushaltsmitteln eingeplant.
Hightech-Agenda für die Raumfahrt
Mit Blick auf die Luft- und Raumfahrt betonte Aiwanger: „Entwicklungen wie Satellitennavigation, Erdbeobachtung oder Kommunikationssysteme sind unverzichtbar für Mobilität, Katastrophenwarnungen oder den Zugang zu Informationen. Ein Drittel der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie sitzt in Bayern. Die Beschäftigtenzahlen steigen weiter an: Die Branche zählt in Bayern 33.245 Beschäftigte, ein Plus zum Vorjahr um zehn Prozent. Wir haben seit 2018 rund 245 Millionen Euro aus der Hightech-Agenda für die Raumfahrt bereitgestellt, unter anderem für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das bayerische Raumfahrtforschungsprogramm. Hinzu kommen knapp 200 Millionen Euro für die Luftfahrt.“
Sichere und nachhaltige Energie-Landschaft
In punkto Energiepolitik stellte der Minister fest: „Wir entwickeln unsere Energie-Landschaft sicher und nachhaltig in Richtung Klima-Neutralität, sind bei Photovoltaik, Wasserkraft, Biomasse bundesweit führend, holen bei der Windkraft in großen Schritten auf.
Inzwischen haben wir das Luxusproblem, dass wir so viel PV-Strom produzieren, dass wir den vielen Strom nicht in die Netze bringen. Wir tun alles, um PV, Wasser, Wind auszubauen. Aber nur damit allein geht es nicht im Industriestandort Bayern. Wir brauchen Grundlast. Jetzt rächt sich, dass die Grünen um Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf dem Höhepunkt der Energiekrise die Atomkraft abgeschaltet haben. Damit haben die Grünen die Energiepolitik in Deutschland an die Wand gefahren.“
Das Handwerk wiederum soll durch die Anwendung neuer Technologien nachhaltig wettbewerbsfähig und zukunftsfest gemacht werden. Für das Projekt „Handwerk innovativ“ sind laut Aiwanger 2,7 Millionen Euro bewilligt worden, zudem liefen u.a. Projekte zur Anwendung von 5G-Technologie und KI im Handwerk. Gefördert werde auch der Neubau des Bildungszentrums der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz mit insgesamt rund 18 Millionen aus Landesmitteln.
Bayerns Wirtschaftsminister beklagte den deutschlandweiten Förderstau im Bereich der betrieblichen Ausbildungsstätten in Höhe von drei Milliarden Euro: „45 Prozent Zuzahlung hat der Bund uns versprochen, wenn eine Handwerksorganisation eine Ausbildungseinrichtung baut. Bayern übernimmt 30 Prozent, dazu kommen 25 Prozent vom Betrieb selbst. Aber die 45 Prozent vom Bund kommen nicht, obwohl das bayerische Geld auf dem Tisch liegt. Der Bund lässt hier die Bildung absaufen“, stellte Aiwanger abschließend fest.
CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek lobte die Staatsregierung für ihre „vorausschauende Wirtschaftspolitik“, die dafür sorge, dass sich der Freistaat gegen den allgemeinen Abwärtstrend stemmen könne. Darüber hinaus werde die Leistungsbereitschaft gefördert und das Land „von den Ketten der Bürokratie befreit“. Vor diesem Hintergrund schlug der Fraktionsvorsitzende die Einrichtung von Pilotregionen vor, in denen der weitreichende Abbau von Vorschriften in einer Art Feldversuch auf Praxistauglichkeit getestet werden könnte.
AfD lehnt „Politik der Bevormundung“ ab
„Für Hubert Aiwangers Wirtschaftspolitik sind zwei Aspekte symptomatisch: der sogenannte ‚Wassercent‘ und seine Entscheidung, Bürgerplebiszite bei der Errichtung von Windkraftanlagen abzuschaffen“, erklärte Prof. Ingo Hahn (AfD). Aus seiner Sicht ist die Aufhebung der sogenannten Kommunalklausel eine Schwächung der Demokratie durch die Hintertür:
„Windkraftanlagen, die unsere Landschaften verschandeln und die Lebensqualität der Bürger beeinträchtigen, sollen künftig ohne die Möglichkeit eines Bürgerentscheids durchgedrückt werden.“ Die AfD lehne diese „Politik der Bevormundung“ ab. Auch künftig sollte es den Bürgern ermöglicht werden, bei Windkraftprojekten mitzureden und mitzuentscheiden.
Sicher habe die Bundesregierung „nicht alles richtig gemacht“, aber alles auf diese abzuwälzen, sei eine „zu einfache Weltsicht“, monierte die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Katharina Schulze. Sie erinnerte daran, dass die Netze im Freistaat viel zu lange nicht ausgebaut worden seien. Dafür trage die Staatsregierung die Verantwortung.
SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer forderte Mut zu einer Reform der Schuldenbremse, eine vorausschauende und moderne Energiepolitik und mehr Unterstützung der Wirtschaft bei der Transformation. Besonders wichtig sei es, neben den Bedürfnissen der Unternehmen stets auch die Interessen der Arbeitnehmer im Auge zu behalten. Sie hätten faire Löhne verdient. Dafür könnte vor allem das von der SPD schon lange eingeforderte Tariftreuegesetz sorgen, das CSU und Freie Wähler den Bayern weiterhin vorenthielten.
DK
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