(GZ-23-2024 - 5. Dezember) |
► Bundesrat billigt Krankenhausreform: |
Bayern fordert schnelle Nachbesserungen |
Die umstrittene Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat nach hitziger Debatte im Bundesrat ihre letzte Hürde genommen. Alle Länder hatten auf dringende Nachbesserungsbedarfe hingewiesen, aber vor dem Hintergrund der Regierungskrise im Bund war aus ihrer Sicht zu wenig Zeit, um in einem Vermittlungsausschuss diese Nachbesserungen noch bis zur Neuwahl des Deutschen Bundestages erreichen zu können. |
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach setzt nun darauf, dass es nach der Neuwahl des Bundestags doch noch zu Nachbesserungen an der Krankenhausreform kommt. Das Scheitern der Anrufung des Vermittlungsausschusses zur Krankenhausreform sei „sehr bedauerlich“ und ein schlechter Tag für die Krankenhäuser in Deutschland, vor allem aber auch für die Patientinnen und Patienten, „denn ein Vermittlungsausschuss wäre die Chance gewesen, die Krankenhausreform zumindest in zentralen Punkten zu verbessern.“ Die Bundesregierung habe wichtige Anliegen der Länder in diesem Gesetz nicht berücksichtigt.
„Die vorgezogene Neuwahl des Bundestags wird die Karten neu mischen. Denn die nächste Bundesregierung muss sich die Krankenhausreform noch einmal vornehmen und wichtige Nachbesserungen in die Wege leiten“, hob die Ministerin hervor.
Krankenhausversorgung gefährdet
Bayern hatte im Bundesrat den Antrag gestellt, dass der Vermittlungsausschuss angerufen wird. Gerlach verwies in ihrer Rede in der Länderkammer darauf, dass der Gesetzesentwurf des Bundes die Krankenhausversorgung in manchen Teilen Deutschlands gefährde: „Die teils überzogenen Strukturvorgaben für die Zuerkennung der künftigen Leistungsgruppen werden dazu führen, dass Behandlungsangebote wegfallen. Die Gefahr droht zum Beispiel für etablierte Fachkliniken im Bereich der Schmerztherapie oder chronischer Krankheiten. Dazu darf es aber nicht kommen. Wir brauchen daher unbedingt eine Korrekturmöglichkeit auf Landesebene zu den Leistungsgruppenvoraussetzungen, um im Einzelfall reagieren zu können.“
Wie Landrätin Tamara Bischof, 1. Vorsitzende der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, erläuterte, „haben wir immer Nachbesserungen am Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz gefordert, weil es den nötigen und bereits stattfindenden Strukturwandel insbesondere im ländlichen Raum nicht einfacher macht, sondern noch schwieriger. Leider hat die Mehrheit der Bundesländer dieses Gesetz nun trotz der einhelligen Appelle nach Nachbesserungen passieren lassen.“ Die BKG sehe nun eine neue Bundesregierung in der Pflicht, die handwerklichen Fehler dieser Krankenhausreform rasch nachzubessern, „denn die Kliniken benötigen schnell Sicherheit bei den neuen komplizierten Regelwerken“.
Massive Unterfinanzierung
BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen machte deutlich: „Die beschlossene Krankenhausreform bringt weder eine Entökonomisierung, noch Entbürokratisierung für die bayerischen Kliniken. Die massive Unterfinanzierung der Kliniken, die sich in Bayern mittlerweile auf 2 Mrd. Euro beläuft, bleibt so bestehen. Ohne schnelle Nachbesserung sind Insolvenzen von bedarfsnotwendigen Kliniken aus wirtschaftlicher Not nicht zu vermeiden.“Unverständlich ist aus Sicht der BKG die vertane Chance, eine echte Vorhaltefinanzierung zur Sicherstellung von Leistungsvorhaltungen rund um die Uhr auf den Weg zu bringen. Die jetzt beschlossene Vorhaltefinanzierung bleibe ein Bestandteil der Fallpauschalen und gleiche Leistungsschwankungen nicht aus. „Diese Vorhaltefinanzierung ist eine Mogelpackung, die kein Problem löst, sondern neue Probleme schaffen wird, kritisierte Engehausen und ergänzte: „Wir befürchten durch diese neue Finanzierung zunehmende Wartezeiten für Patientinnen und Patienten, weil nicht mehr alle Behandlungen vollständig vergütet werden sollen.“
Dringende Korrekturen
- Aus Sicht der BKG muss eine neue Bundesregierung rasch folgende Korrekturen vornehmen:
- Beschränkung der Leistungsgruppen und Strukturvorgaben auf den in Nordrhein-Westfalen bereits erprobten und anerkannten Reformprozess
- Umstellung der Berechnung der neuen Vorhaltevergütung auf ein gezieltes fallzahlenunabhängiges Zuschlagssystem
- Notwenige Ausnahmen müssen in der politischen Verantwortung der Länder möglich sein, wenn ansonsten die Sicherstellung der Versorgung offenkundig bedroht ist
- Die in den Jahren 2022 bis 2024 entstandene Inflationslücke ist für bedarfsnotwenige Krankenhausbehandlungen endlich auszugleichen.
Engehausen forderte ein Bündnis, um die stationären Behandlungsbedarfe durch bessere Versorgungssteuerung, die Stärkung ambulanter Behandlungsmöglichkeiten und eine besser abgestimmte Notfallversorgung soweit möglich zu senken und im Gegenzug die Erlöse je Behandlungsfall endlich ausreichend zu finanzieren. „Wir können es uns nicht mehr leisten, vermeidbare Behandlungen durchzuführen, die aber massiv unterfinanziert sind. Damit sind sowohl die Krankenhäuser als auch die Krankenkassen in einem dauerhaften Defizit und die Qualität der Versorgung wird so nicht besser. Darüber werden wir weiterhin mit den Krankenkassen, dem Freistaat und einer neuen Bundesregierung sprechen.“
Chance zur Korrektur der Krankenhausreform vertan
Der Deutsche Landkreistag kritisiert die Entscheidung des Bundesrates scharf, auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses zur Krankenhausreform zu verzichten. „Das Vorhaben hätte noch gerettet werden können, diese Chance ist jetzt vertan. Die gravierenden Fehler der bisherigen Entwürfe hätten korrigiert und die Krankenhäuser stabilisiert werden können und müssen“, erklärt der Präsident des Deutschen Landkreistages, Landrat Dr. Achim Brötel. „Jedenfalls muss es nun zu den ersten Amtshandlungen einer neuen Bundesregierung gehören, den dringend notwendigen Inflationsausgleich rückwirkend bis 2022 gesetzgeberisch auf den Weg zu bringen“.
Die Bundesratsdebatte sei sehr intensiv geführt worden. „Die Entlassung seiner Gesundheitsministerin durch Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke zeigt die Emotionen. Es belegt aber auch, dass der Bundesgesundheitsminister mit dem Kopf durch die Wand wollte und es versäumt hat, andere mitzunehmen“, so Brötel weiter. Es stehe zu viel auf dem Spiel. „Dabei geht es nicht um missionarischen Eifer, sondern um die Menschen.“
Dadurch, dass die Krankenhausreform nun mit einem viel zu geringen Kostenausgleich für die Vergangenheit Gesetz werde, ändere sich die prekäre Lage vieler Kliniken gerade nicht. In den letzten zwei Jahren hätten bereits 48 Kliniken Insolvenz anmelden müssen. „Und das wird nicht das Ende der Fahnenstange sein, weitere Häuser werden folgen. Vor allem wird dies wieder einmal in erster Linie die ländlichen Räume treffen. Deshalb gehört das ganz oben auf die politische Agenda ab dem 23.2.2025.“
Es gehe um die Defizite, die seit 2022 aufgelaufen seien. „Gemessen an diesem Bedarf war und ist das Angebot des Bundes unzureichend. Denn es stellt lediglich Hilfe für das laufende Jahr in Aussicht. Das reicht nicht. Dadurch werden nur kleine Teile der seit Jahren aufgelaufenen Finanzierungslücken abgedeckt“, so Brötel.
Im Übrigen bleibe die Krankenhausreform eine Black Box – ohne Auswirkungsanalyse und damit eine klare Vorstellung darüber, was sie bewirken werde. „Seit Beginn des Verfahrens fragen wir den Bundesgesundheitsminister, was die vorgeschlagenen Maßnahmen konkret für die Landkreise und ihre Krankenhäuser bedeuten. Aber diese für ein Gesetzgebungsprojekt solchen Ausmaßes wesentliche Informationen wurden uns vorenthalten. Diese Geheimniskrämerei lässt nicht davon ausgehen, dass für die Landkreise irgendetwas besser wird.“ Ganz im Gegenteil zeige eine aktuelle Studie der Vebeto GmbH, dass die Reform nicht die Existenz der ländlichen Krankenhäuser sichern könne, wie es der Bundesgesundheitsminister immer wieder versprochen habe. Diese Kliniken haben nach dem klaren Studienbefund im neuen Finanzierungssystem keine Chance, ihre Erlösverluste durch den Wegfall einzelner komplexerer Behandlungsangebote zu kompensieren.
In der Fläche könne man sich aber keine weiteren negativen Strukturveränderungen leisten, die zu einer drastischen Verschlechterung der Patientenversorgung führen würden, so der DLT-Präsident weiter. „An den wesentlichen Kritikpunkten der kommunalen Ebene hat sich in den vergangenen Monaten und Jahren nichts geändert.“ Es gebe in den ländlichen Räumen sehr leistungsfähige Häuser, die fachlich in der Lage seien, zusätzliche medizinische Leistungen zu übernehmen. „Die Reform darf nicht dazu führen, dass solche Häuser geschlossen werden und die Menschen auf Spezialbehandlungen in einer Großstadt verwiesen werden. Genau das droht seit dem heutigen Tage aber ganz real.“
DK
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