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(GZ-7-2021)
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Social Media-Nutzung in Kommunen

Gekürzt aus dem Buch „Kommunale Kommunikation“ von Gisela Goblirsch

 

Das Thema beschäftigt PolitikerInnen und Verwaltungen. Schon 2016 hat es die Süddeutsche Zeitung aufgegriffen. Seither wird es öffentlich diskutiert. Fast immer unter dem Blickwinkel des „Best practise“ und der Frage „How-to-use-social-media“. Aber das geht am eigentlichen Thema vorbei.

32 Millionen Deutsche nutzen Facebook. Jugendliche lieben Youtube und Instagram. Mit Herzchen und Likes folgt man den großen Vorbildern. Doch was suchen Nutzer? Und sind sie bereit mehr zur Diskussion beizutragen, als nur ihre (oft undifferenzierte) Sichtweise?

Betrachten wir die social Media einmal aus der Perspektive der besonderen Verantwortung, die BürgermeisterInnen zu tragen haben. Und aus der Perspektive der Verwaltung, die inhaltliche Prioritäten setzt.

Warum Misstrauen gegenüber Facebook & Co?

Facebook & Co. sind keine harmlosen Plattformen. Ihre Betreiber greifen Daten ab. Nicht irgendwelche und nicht sparsam, sondern klar gewinnorientiert und verdeckt politisch. Mit den Daten der User lassen sich Massen beeinflussen. Daten werden an die Meistbietenden verkauft. Wer ein Facebook-Plugin auf der eigenen kommunalen Webseite installiert, öffnet dem amerikanischen Konzern Tür und Tor, um das Nutzerverhalten auf der kommunalen Webseite auszulesen. Und zwar so, dass der User der Webseite davon nichts mitbekommt. Hier alleine setzt bereits die besondere Verantwortung der Kommune für ihre Bürger ein. Das bedeutet, dass sich die Kommunen am Datensammeln beteiligen. Mehr dazu: https://www.datenschutz-bayern.de/6/SocialPlugins.html

Dient die Nutzung der sozialen Netzwerke wirklich der Transparenz? Kann man Bürgereinbindung über soziale Netzwerke erledigen? Nicht wirklich! Schon 2016 hat die SZ folgende Fragen aufgeworfen: „Bürgermeister und Bürger kommunizieren über Facebook wann immer sie wollen. Und über Dinge, die bis vor kurzem unvorstellbar waren. Selbst Persönliches rückt ins Bild… Ist ein Bürgermeister, der auf Facebook für jeden greifbar ist, schon bürgernah? Wird dort informiert oder Stimmung gemacht?“ Diese Fragen sind heute noch aktuell. Mehr denn je. Diese Undurchsichtigkeit ist auch der Grund, weshalb PolitikerInnen ihre Position in diesem Spiel überdenken sollten.

(Auch) so denken BürgerInnen

Folgende Kommentare folgten auf einen Artikel über BürgermeisterInnen in Social Media (Nürnberger Nachrichten, November 2020): „Kann man das Zeug (kommunale Themen) wirklich nur auf diesen grauenhaften Portalen veröffentlichen? Ein Diskussionsforum ist heute schnell eingerichtet. Kostet nicht mal was.“(Klaus5) oder „Ah ja. Facebook. Um Transparenz zu schaffen?! Gib diesen Leuten (facebook) alle deine Daten, und wir (die Kommune) sagen dir, wie es um die Gemeinde steht – vorbildlich! Echt mal. Was bitte ist so schwer daran, dass alles in einer eigenen Webseite zu veröffentlichen, deren Besuch nicht den Geschäftsinteressen irgendwelcher Kasper dienlich ist?“ (derUli) Betrachtet man den Inhalt der Aussagen, so erkennt man daran exemplarisch, dass die BürgerInnen zwischen der Person „BürgermeisterIn“ und der Aufgabe „Verwaltungsführung“ keinen Unterschied mehr machen. Mit dieser Übertragung von Verwaltungsleistung auf politische Person (und umgekehrt) geht eine Imageübertragung einher. Und das ist problematisch. Für alle Beteiligten.

Rollen-Verteilung zwischen Politik und Verwaltung

Die BürgermeisterInnen sind in verschiedenen Rollen unterwegs: als politische Person, als Funktionäre einer Partei, als Moderatoren im Gemeinderat und als ChefInnen einer Verwaltung. Das alles wird gerne mal vermischt. So entsteht das Gegenteil von Transparenz. Wer nicht klar kommuniziert, in welcher Rolle er sich äußert, macht sich leicht angreifbar. Die Wahlkampfaussagen einerseits und das, was schließlich im Alltag der demokratischen Entscheidungsfindung kommuniziert werden muss, führt in der Öffentlichkeit zu der Vermutung, dass da jemand vor (oder nach) der Wahl offenbar sein Mäntelchen nach dem Wind gehängt hat. Eine Vermischung der Rollen führt selten zu Anerkennung und engt die Bewegungsfreiheit der Politiker ein. Deshalb sollte man die Kommunikationskanäle trennen.

Für Kommunen wäre es sinnvoll, einen Kanal des Bürgermeisters (als politische Person inklusive seiner Ansichten und Fragen) zu führen und gleichzeitig einen Verwaltungskanal zu betreiben. Der Bürgermeister kann als Privatperson dabei facebook & Co. nutzen, die Verwaltung sollte einen anderen Weg suchen.

Alternative Wege für ein Gemeinschaftsgefühl

Kommunen müssen über Verwaltungshandeln informieren. Das heißt aber nicht, dass sie soziale Netzwerke nutzen müssen. Wer seine BürgerInnen erreichen will, kann das über eine kommunale App ebenfalls tun. Diese App kann außerordentlich sinnvoll sein, wenn sie gut bespielt wird und die BürgerInnen über Pushnachrichten auf dem Laufenden hält. Hier ist sogar das Gefühl, zu einer besonderen Gruppe zu gehören deutlich gesteigert. Auch die Nutzung von eigenen Blogs (als Teilbereiche der kommunalen Website) ist denkbar. Damit hätten tatsächlich alle Bürger Zugriff auf die kommunalen aktuellen Nachrichten, ohne ihre Daten an Facebook abgeben zu müssen. Keiner wäre ausgeschlossen. Diskussionen könnten deutlich besser und inhaltsreicher geführt werden und damit wäre der Blog auch der perfekte Ort, um große Bürgerbeteiligungsmaßnahmen zu begleiten.

Und was bedeutet das für die politischen Köpfe: Sie könnten auf ihren privaten Kanälen alles posten, was für sie Sinn macht und immer wieder auf die kommunale Webseite, den kommunalen Blog, oder die App verweisen. Auf diese Weise würden Verwaltungsleistung und lokale Diskussion nicht der öffentlichen Meinungsmache einer Plattform wie Facebook unterworfen. Und den Bürgern wäre es klarer, dass zwischen der politischen Person und dem Chef einer Verwaltung, in der Haltung den Bürgern gegenüber, Unterschiede möglich und nötig sind.

Der Text stammt als Vorabdruck (gekürzt) aus dem Buch „Kommunale Kommunikation“ von Gisela Goblirsch. Das Fachbuch wird Ende 2021 im Haufe-Verlag erscheinen. Vorbestellungen oder Anfragen sind unter medienstelle@pr-competence.de möglich.

 

Welche kommunale Apps es inzwischen gibt und wo sie im Einsatz sind, das erfahren Sie im Bericht "Verlässlich in punkto Datenschutz: Kommunen haben inzwischen eine große Auswahl an sicheren Netzwerken".

 

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