(GZ-11-2023) |
► Kommunen fit für die Zukunft machen: |
Chancen der Energiewende strategisch nutzen |
Teil 2: Gut aufgestellter kommunaler Klimaschutz lohnt sich |
Die dramatischen Entwicklungen im Osten Europas haben die Verfehlungen der deutschen Klimaschutzpolitik der letzten Dekade sichtbar gemacht. Die Energieversorgung sichern, zugleich den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv forcieren und die vernachlässigten Klimaschutzziele konsequent umsetzen setzt nicht nur die Bundespolitik unter Druck, sondern auch die Kommunen vor Ort. Denn hier liegen große Potenziale, die es zur Zielerreichung in kurzer Zeit zu heben gilt.
Um das große Klimaschutzpotenzial im kommunalen Einflussbereich zu heben, gibt es in Deutschland in den 11.000 Kommunen aktuell schätzungsweise rund 1.300 Stellen, die mit einem Klimaschutzmanager oder einer -managerin besetzt sind. Selten ist ein größeres Team eingesetzt. Viele Klimaschutzmanagementstellen werden vom Bund über die sogenannte Kommunalrichtlinie für drei Jahre gefördert, mit Verlängerungsoption für weitere zwei Jahre.
Was können Städte und Gemeinden für den Klimaschutz bewirken? Eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes vom Sommer 2022 bezeichnet Kommunen als wichtige Akteure für den Klimaschutz, die über ein enormes Treibhausgasminderungspotenzial verfügen und über gezielte Maßnahmen etwa ein Siebtel der Treibhausgasemissionen in Deutschland beeinflussen könnten.
Die Studie, durchgeführt vom Öko-Institut Freiburg, hat das Wirkungspotenzial für das Klimaschutzmanagement in Kommunen analysiert. Und sie zeigt die deutlichen Effekte der kommunalen Klimaschutzmanager auf. Die personelle Verankerung von Klimaschutz in Kommunen ist damit ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität.
Kommunen, die aktiv Klimaschutzmaßnahmen steuern, sparen bis zu neunmal mehr klimaschädliche Treibhausgase ein als solche ohne Klimaschutzmanagement. Vor allem kleinere Gemeinden setzen doppelt so viele Projekte um und nutzen fünfmal so viele Fördermittel wie vergleichbare Kommunen ohne eigene Zuständigkeit für den Klimaschutz. Auch der Umfang der geförderten Projekte ist je nach Größe der Kommune zwei- bzw. dreimal höher. Erfolge, die sich für die Kommunen auch finanziell lohnen.
Da liegt das Fazit auf der Hand, wie Tanja Kenkmann, Senior Researcher und Projektleiterin am Öko-Institut, zusammenfasst: „Städte und Gemeinden in Deutschland sollten deshalb flächendeckend diese Kompetenzen aufbauen, um ihre Klimaschutzaktionspläne zielorien-
tiert umzusetzen.“
Erfolgsfaktoren: Von klaren Ambitionen auf Chefebene bis zu gut abgestimmten Prozessen
Doch allein mit einer Klimaschutzmanagementstelle ist es nicht getan, wie eine von der Equwin GmbH durchgeführte Umfrage unter 40 Klimaschutzmanagern aus Bayern und Baden-Württemberg im Herbst 2022 eindeutig statuierte: Gefragt wurde nach Erfolgsfaktoren, Hürden und bewährten Tools.
Als die größten Hürden, die eine erfolgreiche Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in ihrem Arbeitsumfeld erschweren, verzögern oder gar verhindern, wurden oft innerbetriebliche Schwierigkeiten und Prozessunklarheiten genannt, gefolgt von mangelnden Ambitionen und unzureichender Unterstützung durch Vorgesetzte sowie fehlenden personellen Ressourcen.
Als klare Erfolgsfaktoren werteten die Klimaschutzmanager entsprechend eindeutig eine große Unterstützung und klare Ambitionen durch Vorgesetzte bzw. Verwaltungschefs, gefolgt von innerbetrieblicher Einigkeit und gut abgestimmten Prozessen sowie klarer Unterstützung im Verwaltungsteam und schließlich ausreichende Ressourcen. Weiterhin wurde als Erfolgsfaktor Klarheit und Eindeutigkeit im politischen Prozess genannt. Auseinandersetzungen gehen nicht mehr um das „Was“ des Klimaschutzes, sondern um das „Wie“ der Zielerreichung. Mit anderen Worten: Die Projekte sind bekannt und bewährt, aber es hakt allzu häufig am Veränderungs- bzw. Transformationsmanagement.
Das „Wie“ steht auch im Mittelpunkt einer Fortbildung, die im Oktober 2022 erstmalig mit einer Gruppe von kommunalen und Landkreis-Klimaschutzmanagern stattgefunden hat. Die Inhalte des dreitägigen Seminars wurden sorgfältig zusammengestellt: Zum einen basieren sie auf den Anforderungen und Wünschen aus zehn Stunden Interviews mit erfahrenen Klimaschutzmanagern, zum anderen integrieren sie Transformationswissen aus der Industrie, das schon seit Jahren erfolgreich angewandt wird, wenn es um große Veränderungsaufgaben geht. Ziel ist, dieses Wissen aus vielen Projekten und evaluierten Dynamiken auch für die Arbeit im kommunalen Klimaschutzmanagement nutzbar zu machen.
Der Anspruch an die Ausbildung ist darüber hinaus, das Transformationswissen mit konkretem Praxisbezug für ein spezifisches Projektvorhaben der Teilnehmenden zu vermitteln und anzuwenden, so dass ein hoher Lerntransfer stattfindet.
Methodenkompetenzen für die Praxis
„Das Basisseminar Transformationswissen hat mir einen wichtigen Werkzeugkasten geliefert“, so eine Teilnehmerin der ersten Runde, „natürlich haben wir vom Studium eine gute Grundlage gerade in den technischen Bereichen. Doch ebenso wichtig ist es, den Umgang mit Stakeholdern und Multiplikatoren, aber auch mit Widerstand zu lernen.“ So stehen nicht nur die Grundprinzipien des Veränderungs- und Transformationsmanagements auf dem Programm, sondern auch die erfolgreiche Kommunikation in Veränderungsprojekten, Methodenkompetenz für Gesprächsführung, für Moderation und für schwierige Gruppensituationen. Abgerundet wird das Seminar durch Sessions zu Führungspraxis, Umgang mit Konflikten und Stressmanagement.
„Es ist eine große Chance für unsere größte gesellschaftliche Herausforderung, der wir uns in kurzer Zeit stellen müssen und die unserer Gesellschaft unheimlich viel Veränderung abverlangt, das Wissen aus vielen Jahren Transformation in der Industrie zu nutzen“, fasst Kerstin Gollner ihre Erwartungen zusammen.
„Die Erfahrungen aus der Industrie können sehr gut auf die notwendigen Transformationsprozesse in Städten und Kommunen übertragen werden.“
So verschieden die Arbeitsbedingungen, Positionierung in der Verwaltung und Rahmenbedingungen der Teilnehmer sind, so verschieden waren auch die persönlichen Projektvorhaben, an denen das Gelernte geübt wurde. Am Ende einte alle die Hoffnung, dass Klimaschutz in Deutschland eine Pflichtaufgabe werden möge, ausgestattet mit den der Herausforderung der Transformation angemessenen Ressourcen.
„Wir spüren deutlich, welchen Einfluss eine häufige Berichterstattung in den Medien hat - wenn sie Chancen aufzeigt, sachlich und lösungsorientiert ist und nicht die immer gleichen, längst überholten Mythen und Vorurteile bedient, wie zum Beispiel die Sache mit dem Infraschall bei Wind“, so die Einschätzung einer Klimaschutzmanagerin, „und natürlich hilft uns der öffentliche Druck wie durch Fridays for Future und der Rückenwind durch die politische Großwetterlage.“
Mehr zur EQU: WIN-Philosophie, zum Angebot für die Kommune der Zukunft sowie zum Seminarangebot für Klimaschutzmanager auf www.equwin.com. Im Juli und November wird das „Basisseminar Transformationswissen für Klimaschutzmanager*innen“ angeboten: https://equwin.com/events
Bärbel Zankl
Bärbel Zankl ist Ingenieurin für Physikalische Technik/Schwerpunkt Umwelttechnologie mit langjähriger Erfahrung in unterschiedlichsten Aufgabenfeldern. In der 2014 neu gegründeten Energieagentur Ebersberg ist sie vor allem für die Aufgabenbereiche Öffentlichkeitsarbeit und LED-Beratung zuständig. Seit vielen Jahren auch ehrenamtlich unterwegs, engagiert sie sich nun verstärkt für Transformationsmanagement im kommunalen Klimaschutz und in Windenergieprojekten.
Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!