Zahlreiche Kommunen oder Trägerorganisationen mit städtischer Beteiligung halten dadurch erstmals Eigentum an Telekommunikationsnetzen – vor allem infolge des geförderten Ausbaus in den bisher besonders unterversorgten weißen Flecken. Die Errichtung zukunftsfähiger digitaler Infrastruktur steht damit jedoch erst am Anfang: Noch mangelt es vielen kommunalen Glasfasernetzen an einer auskömmlichen aktiven Versorgungsquote von 75 bis 90% der hergestellten Teilnehmeranschlüsse. In den weit größeren grauen Flecken fehlt es häufig sogar per se an gigabitfähigen Internetanschlüssen – bis zur Novelle der Bundesförderrichtlinie steht hier der Ausbau noch weitgehend aus.
Eigenes Glasfasernetz effizient verwerten
Gleichzeitig bilden die neu errichteten oder zumindest projektierten kommunalen Breitbandnetze ein Sprungbrett zur Weiterentwicklung digitaler Infrastruktur insgesamt. Potenziale ergeben sich dabei nicht bloß aus dem Zugewinn an Lebensqualität, Wettbewerbsfähigkeit und Leistungsstärke der Verwaltung durch schnelle Internetzugänge.
Ebenso verspricht die effiziente Verwertung des eigenen Glasfasernetzes eine Aufbesserung der kommunalen Haushaltslage und damit eine bessere Ausstattung für die übrigen Herausforderungen von Städten und Gemeinden im 21. Jahrhundert:
Erfolgreiche Open-Access-Modelle beispielsweise steigern regelmäßig die Netzauslastung und erhöhen die Verpachtungserlöse des Netzeigentümers. Hierzu sind die entsprechenden Kooperationsvereinbarungen so zu gestalten, dass Netzbetreiber und mitnutzende TK-Unternehmen einander ergänzen, statt bloß um bereits versorgte Kunden zu konkurrieren.
Eine zusätzliche Chance zur Aufwertung kommunaler Glasfaserinfrastruktur bietet die geförderte Netzerweiterung in grauen Flecken. Sie erfordert bei Ausschöpfung der voraussichtlich verfügbaren Bundes- und Landesmittel nur einen kommunalen Eigenanteil von 10-20% der zuwendungsfähigen Investitionskosten. Und auch dieser lässt sich etwa über Pachterlöse jenseits der Zweckbindungsfrist langfristig decken.
Bei umsichtiger beihilferechtlicher und vergaberechtlicher Strukturierung entsprechender Projekte ist daher mit überschaubaren eigenen Kosten eine Kommunalisierung zukunftsweisender Infrastruktur möglich, die Gemeinden langfristiges Anlagevermögen und Einflussmöglichkeiten sichert.
Langfristige Perspektive
Das Eigentum an Glasfasernetzen eröffnet Kommunen darüber hinaus eine langfristige Perspektive, um ihren Kapitaleinsatz zu begrenzen oder gar zurückzuführen:
In Betracht kommen Gestaltungsvarianten zur Einbeziehung privater Investoren für weitere Ausbauvorhaben im Rahmen eines ÖPP-Modells. Hierdurch spart eine Kommune bei der Weiterentwicklung der Glasfaserinfrastruktur eigenes Eigenkapital und kann sich in der Finanzierung tendenziell darauf beschränken, Haftungsbrücken als Voraussetzung für zinsgünstiges Fremdkapital bereitzustellen.
Gleichzeitig profitiert die öffentliche Hand von den Veräußerungserlösen für den verkauften Teil ihrer Beteiligung, behält aber dennoch über die verbleibenden Anteile ihren Einfluss. Nicht zuletzt aufgrund der schwächelnden Gewerbesteuereinnahmen in der Corona-Krise verdient dieser Ansatz gewiss mancherorts eine Überlegung.
Vielversprechende ÖPP-Modelle...
Gerade ÖPP-Modelle bilden zudem eine vielversprechende Ausgangsbasis, um sich zusätzliche Wertschöpfungsquellen im Zusammenhang mit digitaler Infrastruktur zu erschließen. Hierzu zählt das Angebot von Anschlusspunkten für 5G-Basisstationen – sowohl für die flächendeckende Versorgung als auch für Campusnetze. Ein ähnliches Modell ist ferner durch die Bereitstellung öffentlichen WLANs denkbar: So zeigen etwa die Stadtwerke Norderstedt, wie sich WLAN eigenwirtschaftlich als leistungsstarkes LTE-Substitut im öffentlichen Raum etablieren lässt, indem angrenzende Restaurants, Cafés und der Einzelhandel zur Ausstrahlung eines Netzes für Kunden auf ihre Verkehrsflächen ein Entgelt entrichten.
...und Pilotprojekte
Um solche Chancen zu nutzen, bedarf es freilich einer geschickten Kombination aus vorausschauender gesellschaftsrechtlicher Strukturierung, intelligenter Ausschöpfung von Fördermöglichkeiten und wechselseitig vorteilhaften Kooperationen mit hilfreichen Partnern wie ortsansässigen TK-Unternehmen.
Erfreulicherweise begegnen uns im Zuge unserer Beratungstätigkeit zu den skizzierten Ansätzen bereits vielversprechende Pilotprojekte mancher Gemeinden, die sich vergabe-, beihilfe- und kommunalwirtschaftsrechtlich tragfähig konzipieren ließen. Das stimmt uns zuversichtlich, dass der häufig aus der Not geborene kommunale Glasfaserausbau bei umsichtiger Nutzung seiner Potenziale zum Erfolgsmodell taugt und der öffentlichen Hand und den Regionen einen nachhaltigen Mehrwert verschaffen kann.
Dr. Henrik Bremer
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