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(GZ-7-2023)
Gastbeiträge

► Arbeiten in der Verwaltung:

 

Begeisternd bis gruselig

 

Gastbeitrag von Gisela Goblirsch, pr-competence

Wer die Augen aufmacht, sieht es. Unsere Kommunen brauchen Personal. Kein Tag auf Facebook ohne Anzeigen, keine kommunale Website ohne Hilferufe. Allein in und um München fehlen derzeit 6.684 Mitarbeiter in der Verwaltung (Stand 07.03.2023) 468 Jobs sind für Bauwesen und Architektur zu vergeben: Wasser und Abwasser, Bautechnik, Versorgungs- und Gebäudetechnik, Bauleitplanung, Hochbau, Baustellensicherung, Support Gebäudemanagement. Dreimal so viele Stellen sind in den sozialen Bereichen (Kindergarten, Kita, Krankenhaus, Quartiersmangement etc.) offen, aber auch in der klassischen Verwaltung, in der IT, in kaufmännischen und technischen Berufen fehlen Fachkräfte. 566 leitende Verwaltungs-Positionen warten in und um München auf geeignete Bewerber.

Gut – rund um München sind die Mieten unerschwinglich. Vielleicht liegt es daran, dass die Verwaltung keine Leute findet? Aber das Erste, was Bürgermeister Herbert Jakob aus Großostheim am Telefon sagt: „Wir können zusätzliche Aufgaben nicht mehr erledigen. Wir sind am Anschlag. Uns fehlt Personal.“ Nun liegt Großostheim wirklich am äußersten Zipfel Bayerns, in Unterfranken und die Mieten sind erschwinglich. Woran liegt es also, dass egal in welcher Ecke Bayerns man nachfragt, überall die gleiche, gefährlich dünne Personaldecke vorliegt?

„Ich denke, das Thema trifft uns alle“, sagt Piet Mayr, Bürgermeister von Zorneding. „Große Kreisstädte suchen ebenso verzweifelt Personal wie kleinste VG-Kommunen. Die Aufgaben, die durch Bundes- und Landespolitik nach unten verlagert werden, nehmen kontinuierlich zu. Die Einwohnerzahlen steigen ebenfalls. Die Anforderungen an die Leistung und an die Fachkompetenz steigen. Nur das Personal - das wird weniger.“

Dabei hat kommunale Verwaltung alles zu bieten, was ein neugieriger, leistungsorientierter Mensch braucht: Hohe Relevanz der Arbeit, Sinnhaftigkeit des Tuns, Einflussnahme auf die Gesellschaft direkt vor Ort, eine unglaubliche Fülle an Aufgaben und – absolut unschlagbar für Menschen, die ein gesundes Lebens- und Arbeitsverhältnis wollen – kurze Wege zur Arbeit und viele Möglichkeiten, den Arbeitsalltag zu gestalten.

O.K., das war nicht immer so. Aber Corona hat gerade in Verwaltungen sehr viel verändert. Verwaltungen sind, was Arbeitszeit und Homeoffice angeht, durchaus offener geworden. Und die Erfahrungen mit den neuartigen Regelungen sind nicht halb so grausig, wie erwartet. Grundsätzlich gilt: Wer im Amt Leistungsträger ist, der ist es auch zu Hause. Wer am kommunalen Schreibtisch weniger leistet, der tut das auch zu Hause.

Die Kommunalverwaltungen brauchen Menschen, die sich einsetzen und deren Fachkompetenz seitens der Entscheidergremien auch anerkannt wird. Tatsächlich – und darüber wird nur hinter vorgehaltener Hand geredet – frustriert es die Verwaltungsmitarbeiter am allermeisten, dass ihr Augenmerk auf fachliche und sachliche Ausgestaltung kommunaler Aufgaben meist aus politischen Gründen in Ratssitzungen missachtet oder angegriffen wird. Das hinterlässt tiefe Wunden.

Dass also Verwaltungen auf dem Arbeitsmarkt auf wenig Gegenliebe stoßen, hat zum großen Teil damit zu tun, dass sehr viele Angestellte zuhause keineswegs euphorisch – oft noch nicht einmal freundlich – über ihren Arbeitsalltag sprechen.

Wenn Kommunalverwaltungen also Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter suchen, dann wäre es ein erster Schritt, diejenigen zu Empfehlern zu machen, die bereits dort arbeiten. Empfehler entstehen jedoch nur durch ein gutes Miteinander im Rathaus, durch Anerkennung der jeweiligen Leistung und durch Führungskompetenz, wenn es nötig ist, Leistung einzufordern. Viel zu oft wird weggeschaut, wenn es im Team nicht mehr funktioniert. Viel zu lange werden Mitarbeiter sich selber überlassen und so entsteht ein Geflecht aus persönlichen Beziehungen anstatt eine klare Richtschnur, an der sich alle messen lassen müssen.

„Ich sehe auch deutlich, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geführt werden wollen“, erklärt Piet Mayr. „Personalführung ist enorm wichtig. Und sie ist Teil unseres Jobs. Eine Verwaltung zu leiten, kostet Zeit und Energie. Ich komme selbst aus der Verwaltungsebene und weiß wovon ich spreche.“

Führungskompetenz oder strukturelle Kompetenzen in einer Verwaltung spielen selten eine Rolle bei der Wahl eines Politikers. Also muss es die Möglichkeit geben, solche Kompetenzen aufzubauen, wenn man bereits im Amt ist. Doch dies geschieht auf freiwilliger Basis - mehr oder weniger konsequent.

Schwierig wird es auch, wenn alte Strukturen den modernen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Wenn zu schnell zu viele Veränderungen eintreten, so dass man sich einem belastbaren Grundgerüst an Struktur nicht mehr annähern kann. Den Verwaltungen wird nachgesagt, sie wären langsam. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Verwaltungen sind vor allem eins: sorgsam. Und das kostet eben Zeit. Wenn also eine Verwaltung über einen längeren Zeitraum mit zu wenig Personal ausgestattet ist, dann führt das zu einer Spirale des Grauens:

Dies liegt nicht in erster Linie an den mäßigen Gehältern im öffentlichen Dienst (dort schon auch – aber nicht nur). Es liegt auch daran, dass die Rätinnen und Räte im Gremium, die über Personal entscheiden, nicht wissen, was die Verwaltung wirklich leistet und die nicht wahrnehmen, in welcher Massivität neue Aufgaben auf die Verwaltungen zurollen. Längst geht es nicht mehr nur um wachsende Einwohnerzahlen! Es ist definitiv an der Zeit, den Verwaltungen mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

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Gisela Goblirsch, pr-competence

 

Bild: Gisela Goblirsch, pr-competence
Bild: Gisela Goblirsch, pr-competence

 

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