(GZ-14-2023 - 20. Juli) |
► Elektromobilität vor Ort: |
Ein Bürger-Ladenetz für das Freisinger Land |
Die Bürger Energie Genossenschaft Freisinger Land fördert mit ihren Ladesäulen die Elektromobilität vor Ort – und verdient Geld damit |
Gastbeitrag von Florian Christner, Redaktion „Profil“ Was der Aufbau eines Ladenetzes für Elektroautos mit Henne und Ei zu tun hat, erklärt Werner Hillebrand-Hansen gerne. „Die Verkehrswende kommt nur voran, wenn es ein attraktives Angebot an Lademöglichkeiten gibt. Andererseits lassen sich Ladesäulen nur wirtschaftlich betreiben, wenn die Nachfrage da ist. Wir wollen dieses Henne-Ei-Problem lösen und beim Aufbau einer Ladeinfrastruktur mit positivem Beispiel vorangehen“, sagt der Vorstand der Bürger Energie Genossenschaft Freisinger Land (BEG). Der Ausbau kommt zügig voran. „Bis Ende 2023 sollen es über 60 Ladepunkte an mehr als 30 Standorten werden. Die BEG betreibt schon jetzt die meisten öffentlichen Ladepunkte im Landkreis Freising und bringt die E-Mobilität in der Region damit entscheidend voran“, berichtet Hillebrand-Hansen. Das Unternehmen Hubject vernetzt als sogenannter Intermediär die Ladesäulen der BEG Freisinger Land mit allen gängigen Ladestrom-Anbietern. So können auch Kunden etwa von EnBW mobility, Shell Recharge, Plugsurfing, ADAC e-Charge, NewMotion, BMW Charging oder Charge&Fuel von VW per Ladekarte oder App zu den Tarifen des jeweiligen Anbieters das Bürger-Ladenetz der BEG nutzen. Die Abrechnung und den Kundenservice übernehmen die Inselwerke für die BEG. Die Bürgerenergiegenossenschaft aus dem brandenburgischen Eberswalde hat sich unter anderem auf die Planung öffentlicher Ladepunkte sowie auf Fernwartung, Hotline-Service und Abrechnung spezialisiert. BEG-Ladekarte Zudem haben die Inselwerke eine Bürgernetz-Ladekarte entwickelt, die auch von der Bürger Energie Genossenschaft Freisinger Land angeboten wird. Besitzer der BEG-Ladekarte erhalten an den Säulen des Freisinger Ladenetzes günstigen Bürger-Strom von der Genossenschaft. Denn die BEG tritt auch als lokaler Stromversorger auf. Jeweils zehn Prozent des Ladestroms kommen vom Bürger-Windrad Kammerberg und vom Bürger-Solarpark Paunzhausen der BEG. „Dieser Wind- und Solarstrom wird nicht an der Strombörse verkauft und dabei in Graustrom umgewandelt, sondern direkt in den Bilanzkreis unserer Bürger-Strom-Kunden geliefert“, erklärt Hillebrand-Hansen. Die verbleibenden 80 Prozent des Bürger-Stroms kommen komplett aus bayerischer Wasserkraft. Für die Bürger Energie Genossenschaft Freisinger Land ist das Ladenetz schon jetzt ein Erfolg. „Wir haben damit bereits im ersten vollen Geschäftsjahr Geld verdient“, sagt Hillebrand-Hansen. Die Anzahl der Ladevorgänge im Jahr 2022 habe sich im Vergleich zu 2021 auf 5.120 versiebenfacht. Die durchschnittliche Auslastung liege mittlerweile bei 0,63 Ladevorgängen pro Ladepunkt und Tag. Damit lasse sich das Netz wirtschaftlich betreiben. Die wenigen Ladesäulen, die im Moment noch nicht kostendeckend betrieben werden können, werden von den anderen Säulen querfinanziert. „Der Deckungsbeitrag ist höher als erwartet, aber wir haben auch konservativ kalkuliert“, sagt Hillebrand-Hansen. Kommunen als wichtigste Partner Wichtigster Partner beim Aufbau des Bürger-Ladenetzes sind die Kommunen im Landkreis Freising. „Wir sind auf alle zugegangen und haben unser Projekt vorgestellt. Vor allem die kleineren Gemeinden haben sich gefreut, weil sie bereits selbst nach Lösungen gesucht haben“, berichtet Hillebrand-Hansen. Einige Gemeinden seien sogar schon vor längerer Zeit mit dem Wunsch an die Genossenschaft herangetreten, Ladestationen zu errichten. Vor allem bei der Suche nach geeigneten Stellplätzen ist die BEG auf die Zusammenarbeit mit den Kommunen angewiesen, denn diese stellen die Parkflächen für die Ladestationen zur Verfügung. Möglichst zentral und möglichst gut erreichbar sollten diese sein, berichtet der Vorstand. In den meisten Kommunen steht die Ladestation in der Nähe des Rathauses – auch, weil dieses normalerweise im Ortszentrum steht. „Vereinsheime oder Sporthallen kommen aber als Standort für eine Ladesäule genauso in Frage“, sagt Hillebrand-Hansen. Im Gegenzug für die Errichtung der Ladesäulen stellt die Gemeinde die dafür benötigten Parkflächen für zehn Jahre kostenlos zur Verfügung. Außerdem sorgt sie für die notwendige Parkbeschilderung, Rammschutz und Bodenmarkierungen. Je nach Auslastung der Ladestation erhalten die Kommunen sogar eine jährliche Umsatzmiete. Ab einem Ladevorgang pro Tag und Ladepunkt sind es 200 Euro, ab 1,5 Ladevorgängen 400 Euro und ab zwei Ladevorgängen 600 Euro. Weiterer Ausbau geplant Die Genossenschaft plant, ihr Bürger-Ladenetz weiter auszubauen. Perspektivisch kann sich Hillebrand-Hansen den Zubau von zehn bis 20 Ladestationen jährlich vorstellen, sofern ein geeignetes Förderprogramm aufgelegt wird. Dazu will er auch mit den Betreibern von Supermärkten sprechen, denn dort gibt es genügend Parkplätze und Platz für Ladestationen und mutmaßlich auch den Bedarf. Hilfreich bei der weiteren Planung des Bürger-Ladenetzes sind auch die Daten, die durch die Nutzung der bestehenden Ladestationen generiert werden. Über ein Portal der Inselwerke kann Hillebrand-Hansen die Daten jederzeit einsehen. „Die Auslastung der Ladesäulen zeigt mir, wo Nachfrage besteht. Dort kann ich dann das Bürger-Ladenetz nachverdichten“, sagt Hillebrand-Hansen. Die durchschnittliche Ladezeit betrage rund drei Stunden. „Eine Parkzeitbeschränkung ist deshalb aktuell nicht notwendig, denn die Nutzer fahren ohnehin bald wieder weiter“, sagt der Vorstand. Wichtig sei jedoch, dass die Kommune die Parkplätze an den Ladesäulen zu 100 Prozent für E-Autos widmet, damit dort keine Verbrenner parken. Dies ist eine gekürzte Version eines Beitrages, der zuerst in Profil – Das Genossenschaftsblatt erschienen ist. Der gesamte Beitrag kann hier abgerufen werden: https://www.profil.bayern/05-2023/praxis/ein-buerger-ladenetz-fuer-das-freisinger-land |
Florian Christner, Redaktion „Profil“
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