(GZ-17-2023 - 14. September) |
► Warum der ganze Aufwand? |
Maestro geht, Girocard bleibt |
Was sich beim liebsten Zahlungsmittel der Deutschen ändert |
Ein Gastbeitrag von Dr. Jürgen Gros Die Girocard – im Volksmund oftmals immer noch EC-Karte genannt – findet sich in fast jedem deutschen Portemonnaie. In manchem auch mehrfach. 100 Millionen Stück haben die Banken in Deutschland davon ausgegeben. An über einer Million Bezahlterminals wird sie akzeptiert. Fast sieben Milliarden Finanztransaktionen erfolgen damit jährlich. Dahinter stehen Umsätze von 284 Milliarden Euro. Eine echte Erfolgsgeschichte, die 1990 begann. Allerdings auch eine sehr deutsche Geschichte. Denn die reine Girocard ist außerhalb Deutschlands kaum einsetzbar. Damit das Bezahlen im Ausland dennoch klappt, haben die allermeisten Banken ihre Girocards in der Vergangenheit mit der Zahlungsfunktion eines Dienstleisters verbunden: Nämlich V-Pay oder Maestro. In der Sprache der Banker nennt sich das Co-Badging und leitet sich vom englischen Wort „Badge“ (Marke) ab. Das bedeutet, dass die Girocard mit einer zweiten Marke und deren Funktionalität verbunden ist, die Zahlungen und Geldabhebungen im Ausland ermöglicht. Hinter V-Pay steht Visa, und hinter Maestro verbirgt sich Mastercard. Beide sind weltweit tätige US-amerikanische Unternehmen.
Mastercard hat bereits vor zwei Jahren erklärt, dass sie die Maestro-Funktion bis zum Jahr 2027 einstellen und ab Juli 2023 kein Maestro-Co-Badging mehr zulassen wird. Verschiedentlich wurde das als das Ende der Girocard beschrieben, was mitnichten so ist. Denn auch künftig wird die Girocard voll funktionsfähig bleiben – im Inland sowieso, aber auch im Ausland. Dafür sorgen die deutschen Banken, allen voran die Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Im Übrigen weitgehend unbemerkt vom Kartennutzer. Sukzessive werden nämlich Maestro-Karten, die ablaufen, ausgetauscht gegen Girocards mit einem neuen Co-Badging. Bis spätestens 2027 sollen die Maestro-Karten dann in den beiden großen Bankenverbünden ersetzt sein, bei den allermeisten Mitgliedsbanken freilich deutlich früher. Bei einigen haben die Kunden sogar die neuen Karten bereits in Händen. Welches Logo sich künftig statt Maestro unter dem Girocard-Logo auf der Bezahlkarte befindet, ist dabei jeder Bank selbst überlassen. Bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken wird das entweder das Logo von Debit Mastercard oder das von Visa Debit sein. Beide Partnerschaften garantieren, dass die Karten wie bisher international eingesetzt werden können. Die allermeisten großen Geschäftsbanken sind noch nicht ganz so weit und hängen bei der Umstellung nach. Bei ihnen dauert der Austausch der Maestro-Karten offenkundig noch einige Zeit. Deshalb hat ihnen Mastercard zwischenzeitlich eine großzügige Übergangszeit bis 2027 zum Austausch gewährt und lässt vereinzelt sogar nochmals die Neuemission von Maestro-Karten zu. Warum der ganze Aufwand? Das wird sich mancher Kunde fragen. Dazu muss man wissen, dass die Funktionalitäten der Maestro-Karte rund 30 Jahre alt sind. Sie wurden zu einem Zeitpunkt entwickelt, als das Internet noch in den Kinderschuhen steckte. Entsprechend sind die Karten mit dem Maestro Co-Badge für Internettransaktionen nicht brauchbar. Die neuen Karten dagegen schon. Die Girocard bleibt weiterhin eine klassische Debitkarte. Sie erhält jedoch mit der Funktionalität der Mastercard Debit beziehungsweise Visa Debit eine 16stellige Kartennummer. Damit wird es möglich, im Internet wie mit einer herkömmlichen Kreditkarte zu bezahlen. Kunden der Sparkassen können zudem die Girocard mit Visa-Debit-Funktionalität in Apple Pay oder in der App „Mobiles Bezahlen“ nutzen. Das wiederum entspricht dem Nutzerverhalten vieler junger Menschen. Ganz an die Funktionalität von Kreditkarten reicht die neue Girocard gleichwohl nicht ran. Mietwagenreservierungen oder Hotelbuchungen ermöglichen nur wenige Anbieter. Das wird die Kunden am Ende vielleicht auch nicht großartig stören. Bislang war ihnen das schließlich auch nicht möglich. Indem die allermeisten Banken die Girocard in neuer Form fortführen und als Hauptkarte zum Girokonto beibehalten, kommen sie auch einer Reihe von Händlern entgegen. Für sie ist es mit weniger Kosten verbunden, wenn der Kunde per Girocard statt mit Kreditkarte bezahlt. Zudem haben noch immer zahlreiche Händler und kommunale Verwaltungen ihre Terminals ohnehin für Kreditkarten nicht freigeschaltet. Dort sollten dann diejenigen ausreichend Bargeld im Portemonnaie haben, die eine reine Master- oder Visadebitcard besitzen, wie sie oft von Internet- oder Neobanken als Standardkarten zum Konto ausgegeben werden. Weil bei ihnen das Co-Badge „Girocard“ fehlt, werden sie nämlich von den Girocard-Terminals nicht akzeptiert. Und die Erfahrung lehrt, dass das gerade in den ländlichen Räumen gar nicht so selten der Fall ist. Über unseren Autor Der an der Ludwig-Maximilians-Universität in München promovierte Politikwissenschaftler Jürgen Gros (53) war zwei Jahrzehnte im Management verschiedener bayerischer Verbände tätig, zuletzt als Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit finanzwirtschaftlichen und mittelstandspolitischen Themen. |
Dr. Jürgen Gros
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