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(GZ-11-2024 - 6. Juni)
Gastbeiträge

► Zahl der Bankfilialen weiter rückläufig:

 

„Warum das so bleiben wird und gar nicht so schlimm ist“

 

Ein Kommentar von Dr. Jürgen Gros

In Deutschland nimmt die Zahl der Banken und ihrer Zweigstellen weiter ab. Ende 2023 gab es in Deutschland 1.458 Banken, wie die Bundesbank jüngst veröffentlicht hat. Zusammen verfügen sie über 19.501 mit Menschen besetzte Filialen. Im Vergleich zu 2022 hat national mithin die Zahl der Kreditinstitute um 55 und die der Zweigstellen um 945 abgenommen. Unangefochtene Platzhirsche im Bundesgebiet sind nach wie vor die 1.084 Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit zusammen 13.392 Dependancen.

Dr. Jürgen Gros. © Barbara Obermaier
Dr. Jürgen Gros. © Barbara Obermaier

Für den Freistaat Bayern gilt spiegelbildlich Gleiches. Zwar reduzierte sich 2023 die Zahl der Sparkassen fusionsbedingt um eine und die ihrer Filialen um 66. Ebenso ging die Anzahl der Genossenschaftsbanken aufgrund von Fusionen um 13 zurück. 54 Niederlassungen machten die Kreditgenossenschaften im letzten Jahr dicht. Dennoch dominierten 2023 die 60 Sparkassen mit 1.727 Geschäftsstellen zusammen mit den 185 Kreditgenossenschaften und deren 1.742 Zweigstellen zumindest zahlenmäßig auch den bayerischen Bankenmarkt.

An dieser numerischen Dominanz der Banken mit den roten und blau-orangen Logos wird sich im Freistaat wie im Bundesgebiet auf Sicht wenig ändern. Sicher ist freilich auch, dass sowohl die Zahl der Kreditinstitute und ihrer Zweigstellen weiter deutlich zurückgehen werden. Es liegt in der Natur der deutschen Bankenstruktur, dass es vor allem zahlreiche Sparkassen und Genossenschaftsbanken sein werden, die in Verschmelzungen aufgehen und Geschäftsstellen schließen. Ausgehend von der Entwicklung der letzten fünf Jahre ist es nicht allzu verwegen, für das Jahr 2030 etwa 900 Banken mit weniger als 12.000 Geschäftsstellen in Deutschland zu prognostizieren.

Warum das so sein wird? „Die zunehmende Verbreitung des Online-Bankings sowie der weiterhin bestehende Kostendruck führten zu einer Verschlankung des Filialnetzes in quasi allen Banksektoren“, gibt die Bundesbank als Antwort für die zurückliegenden Filialreduktionen. Zugleich ist damit die Begründung für die künftige Entwicklung vorgezeichnet, wie zudem eine Umfrage zeigt, die der Digitalverband Bitcom im Mai veröffentlicht hat. Danach erledigen 81 Prozent der Deutschen ihre Bankgeschäfte mittlerweile online. Vor allem Senioren werden zunehmend digitaler. In der Altersgruppe der über 65jährigen ist binnen Jahresfrist der Anteil derer, die die Bankgeschäfte online abwickeln von 45 auf 54 Prozent gestiegen. Das verwundert kaum. Denn allmählich kommen jene ins Seniorenalter, die vor knapp 20 Jahren zu den Smartphonepinonieren zählten.

Die Entwicklung zum digitalen Banking wird anhalten. „Online-Only“ sei der eindeutige Trend beim Banking, meint Bitcom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder dazu. So ganz falsch liegt er damit wohl nicht, denn 49 Prozent der 1.004 Befragten der Bitcom-Studie sagt, ihnen würde „nichts fehlen“, wenn es keine Bankfilialen mehr gäbe.

Gespräche mit genossenschaftlichen Bankvorständen legen offen, dass es zwei weitere Treiber gibt, die die Flächenpräsenz verringern werden: Personalmangel einerseits und abnehmende Bereitschaft des vorhandenen Personals andererseits, Tätigkeiten wie Filialleitung und Arbeiten in einer Niederlassung zu übernehmen. Sie werden mitunter als eintönig bis langweilig empfunden – weil eben in vielen Zweigstellen der Flächenbanken zunehmend weniger los ist. Gleichzeitig wird Personalgewinnung, insbesondere in hochspezialisierten Tätigkeitsfeldern, zur Königsdisziplin für die HR-Beauftragten in den Instituten. Die benötigten Hochqualifizierten sprengen zugleich das bisherige Gehaltsgefüge, insbesondere bei Regionalbanken wie Sparkassen sowie Volksbanken und Raiffeisenbanken. Knappheit und Leistung bestimmen den Preis, den jedoch zunehmend mehr Bankleiter bereit sind zu bezahlen. Zumal der Regulator, aber auch die Kunden in Beratungsprozessen zu Immobilienfinanzierung, Altersvorsorge oder der Absicherung von Lebensrisiken, Qualität erwarten.

Qualität kostet. Höhere Dotierungen in der Spitze der Leistungsträger sind die Folge und führen in der Gegenfinanzierung zur Personalverschlankung in der Breite. Die Konsequenz ist dann weniger Dienstleistung in der Fläche, die der Kunde gleichwohl zunehmend seltener nachfragt, weil er den Alltagsservice von früher im digitalen Zeitalter schlichtweg nicht mehr benötigt. Was stattdessen zählt, sind digitale und telefonische Erreichbarkeit der Bank – und zwar dann, wenn es dem Kunden pressiert. Dass in solchen Momenten die Technik funktioniert und das Institut erreichbar ist, sind die erwarteten Standards. Zweigstellen nicht mehr.

Dr. Jürgen Gros


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