(GZ-24-2024 - 19. Dezember) |
► Wider den kommunalen Burnout: |
Mit starken Kommunen Staat machen |
Ein Kommentar von Dr. Jürgen Gros Bayern lässt seine Kommunen in schwierigen Zeiten nicht alleine. Die Gemeinden, Städte und Landkreise können sich auf die Staatsregierung verlassen. Das ist die Quintessenz aus den Verhandlungen zum kommunalen Finanzausgleich 2025 im Freistaat. Zweifelsfrei ist das eine gute Nachricht. Über die ungebrochen schwierige Lage der Kommunen hinwegtäuschen kann sie dennoch nicht. Schließlich mussten sie in den zurückliegenden Jahren nur zu oft das ausbaden, was im Bund und fernab von den Nöten im Land entschieden wurde.
Seit Jahren rächt sich, dass die Bundesebene konsequent das, was sich das politische Berlin an vermeintlichen Wohltaten ausdenkt, aber nicht finanzieren kann oder möchte, zu den Kommunen durchreicht. Banal, aber leider wahr: Die letzten beißen die Hunde und das sind in dem Fall die Gemeinden, Städte und Landkreise. Für sie entstanden in der letzten Dekade – und die Anfänge der Malaise liegen nun mal in Merkels Kanzlerschaft – immer wieder aufs Neue ungeahnte und alle Kalkulationen sprengende Kosten. Es sei beispielhaft auf die Folgen einer naiven Migrationspolitik, illusionären Energiepolitik oder fordernden Ganztagsbetreuung verwiesen. Zahlreiche andere kostenzehrende Aufgabenzuweisungen ließen sich ergänzen. Sie alle treiben zunehmend mehr Kommunen in den finanziellen Burnout. Und nicht nur das. Sie säen hier und da und zudem immer öfter Zwietracht zwischen den kommunalen Ebenen selbst, stiften gesellschaftliche Unruhe. Die Eskalation um die Anmeldung ukrainischer Geflüchtete in Bad Griesbach ist Beispiel mit Dramenstoff: Ein Bürgermeister der sich der Anmeldung verweigert, ein Landratsamt das auf Einhaltung von Gesetzen pocht und deren Umsetzung anweist, ein zweiter Bürgermeister, der vollzieht. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, ist ein politisches Desaster. Das föderale Deutschland triftet auseinander. Dieser Prozess muss dringend ein Ende finden. Die Möglichkeiten dazu haben die politischen Entscheider auf der Bundesebene. Vor allem die künftige Regierungsmehrheit im Bundestag und die von ihr getragene Bundesregierung stehen in der Verantwortung. Sie sollten es besser machen als die abgehobenen Streithansel der Ampelregierung. Besser aber auch als jene, die ein gesamtgesellschaftliches „wir schaffen das“ politisch proklamierten und selbst kläglich an der kollektiv verordneten Zielsetzung scheiterten. Zehn verlorene Jahre sind genug. Politischer Realismus muss zum Leitmotiv der künftigen Bundesregierung werden. Für Weltverbessererutopien ist kein Platz mehr. Wer Deutschland politisch wieder in die Spur führen will, muss sich auf das Wesentliche konzentrieren. Schluss mit der unheilvollen Diskussion um die Schuldenbremse ist ein Punkt. Die Linie ist einfach und folgt simplen kaufmännischen Erwägungen. Beschlossen werden kann nur noch das, was solide und verfassungsgemäß finanzierbar ist – auch wenn es schmerzhaft ist. Ein zweiter, damit eng verwobener Punkt: Es braucht eine Steuerverteilung zwischen Kommunen, Ländern und Bund, die sichert, dass jede Ebene den Verpflichtungen aus ihrem Leistungskatalog nachkommen kann. Das ist im Übrigen kein politisches Wunschdenken, sondern Verfassungsauftrag. Damit wird drittens sichergestellt, dass sich der Bund nicht aufs Neue zulasten von Gemeinden, Städten und Landkreisen gesundrechnet. Zum Vierten sollten die künftigen Regierungspartner von Anfang ein Bekenntnis dazu ablegen, dass ihre Zusammenarbeit nicht vom „gibt Du mir, dann gebe ich Dir“ geprägt sein darf, sondern von einem „was lassen wir künftig, weil es sich unser Land nicht mehr leisten kann, und wie sagen wir es den Menschen“. Und fünftens braucht das Land eine kluge politische Übereinkunft, nach der Investitionen in Infrastruktur und Sicherheit Vorrang vor allem anderen haben. Ja, das Paket ist ambitioniert, und politischen Mut braucht es beim Umsetzen und Durchhalten allemal. Aber es wird Deutschland in schwieriger Zeit guttun, wenn Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat ihrer verfassungsgemäßen Verantwortung gerecht werden – und dabei streng im Blick behalten, wo Politik unmittelbar spürbar wird: in den Kommunen. Ohne sie ist kein Staat zu machen. Über unseren Autor Der an der Ludwig-Maximilians-Universität in München promovierte Politikwissenschaftler Jürgen Gros (*1969) war zwei Jahrzehnte im Management verschiedener bayerischer Verbände tätig, zuletzt als Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit finanzwirtschaftlichen und mittelstandspolitischen Themen. |
Dr. Jürgen Gros
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