(GZ-14-2021) |
► Serie „Kommunale Entwicklungspolitik anders denken“: |
Teil 1: Neue Chancen für starke Nord-Süd-Allianzen |
Unsere Autorin Anja Schuchardt behandelte im Rahmen ihrer Masterarbeit das Thema Kommunale Entwicklungshilfe. Den Kommunen kommt in der Entwicklungszusammenarbeit eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, zum aktuellen Paradigmenwechsel beizutragen. Es geht einerseits um die Auflösung der Unterteilung in Geber- und Nehmerländer sowie andererseits um den nachhaltigen Aufbau globaler Partnerschaften. Damit ‚Kommunikation auf Augenhöhe’ als maßgebliche Zielvorgabe in der Umsetzung des Paradigmenwechsels aber nicht nur eine Floskel bleibt, sollten elementare Aspekte in der interkulturellen Zusammenarbeit verankert werden. Was dazu zählt, zeigt die aktuelle Serie „Kommunale Entwicklungspolitik anders denken“ der Bayerischen GemeindeZeitung. Der aktuelle Bericht der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen richtet einen eindeutigen Appell an die Weltgemeinschaft: „Es ist heute wichtiger denn je, Multilateralismus und globale Partnerschaft zu stärken“. Wie sich dieser Ansatz in der Kommunalen Entwicklungszusammenarbeit (KEZ) umsetzen lässt, zeigt die Gemeinschaftsinitiative „1000 Schulen für unsere Welt“ der kommunalen Spitzenverbände. So erhalten Kommunen durch ihre Beteiligung einerseits einen ersten Zugang zur KEZ und andererseits die Chance, im Rahmen der Kooperation weitere gemeinsame Handlungsfelder zu erschließen, auf deren Grundlage die Entwicklung kommunaler Partnerschaften gestärkt werden soll. Welche Bedeutung und Einfluss besitzt dabei die Kultur? Dieser Frage ist unsere Autorin Anja Schuchardt nachgegangen. Dazu hat sie mit verschiedenen Akteuren gesprochen. In der mehrteiligen Serie „Kommunale Entwicklungspolitik anders denken“ wird in verschiedenen Beiträgen gezeigt, was eine erfolgreiche Zusammenarbeit ausmacht. So zählt die Fähigkeit der Akteure, Situationen und Entscheidungen kritisch und reflektiert beurteilen zu können, zu einem entscheidenden Einflussfaktor. Ebenfalls wichtig sind das Engagement und die Begeisterung einzelner Menschen in der Entwicklungspolitik daran, verschiedene Prozesse ins Rollen zu bringen und damit eine Gesellschaft nachhaltig verändern. Was bedeutet „anders“? Der Titel „Kommunale Entwicklungspolitik anders denken“ beinhaltet bereits das Wort ‚anders’ und damit den Kern, worum es in der Entwicklungszusammenarbeit geht: den Umgang mit Andersheit. Den Kommunen kommt an dieser Stelle eine entscheidende Initiativrolle in weltpolitischen Debatten zu. Denn durch ihre Nähe zu den Bürgern sind sie in der Lage, die Bildung von Netzwerken zu fördern und Akteure aus verschiedenen Bereichen in der KEZ zusammenzubringen, damit starke Nord-Süd-Allianzen entstehen. Das Ziel besteht dabei darin, den geteilten globalen Herausforderungen in der politischen Gemeinschaft Präsenz zu verleihen, sodass sie gehört werden und eine Stimme bekommen – sowohl kulturell als auch politisch. Dabei sollte auch der Aufarbeitung der kolonialen Verantwortung – wie sie im Koalitionsvertrag 2018 schriftlich verankert wurde – mehr Bedeutung eingeräumt werden. So sollten sich politische Akteure mit der Frage auseinandersetzen, welche Werte sie auf der Ebene der postkolonialen Erinnerungsdebatte vermitteln wollen. Bislang sind es vor allem Initiatoren aus der Zivilgesellschaft, die beispielsweise die Umbenennung von Straßen fordern, die Namen von Kolonisierenden tragen, und damit immer mehr zu einem Perspektivwechsel in Diskussionen beitragen. Chancen durch Corona-Pandemie Die KEZ hängt nicht nur vom individuellen Einsatz, sondern auch maßgeblich von der finanziellen Ausstattung ab – sei es von privaten Spendern oder öffentlicher Förderung. Nicht vernachlässigt werden sollte eine entsprechende personelle Ausstattung zur Koordination und Prozessbegleitung der Zusammenarbeit durch Fachpersonal in den Kommunen. Auch durch die aktuelle Corona-Pandemie haben sich die Rahmenbedingungen geändert, die eine Chance für die Zukunft der KEZ beinhalten: Der interkulturelle Austausch über digitale Kanäle wird durch die Verbesserung der technischen Ausstattung, u. a. in der kommunalen Verwaltung, erleichtert. Diese Entwicklung gibt Hoffnung darauf, dass sich auch der Ausbau von Netzwerken in der KEZ intensiviert. Dass parallel ein Bewusstseinswandel eintritt, der Sinn und Nutzen im kontinuierlichen Austausch auf beiden Seiten verankert, zeigt die stetige Beteiligung an der Initiative „1000 Schulen für unsere Welt“. Landrat Stefan Rößle startete das Engagement für Schulbauprojekte im Jahr 2016 im eigenen Landkreis, woraus sich inzwischen eine bundesweite Gemeinschaftsinitiative entwickelte. Seinem Beispiel folgten mittlerweile rund 60 Kommunen sowie weitere Unternehmen und Privatpersonen. Seit Start der Gemeinschaftsinitiative im November 2018 wurden mit Spendensammlungen von über 4,2 Millionen Euro mehr als 120 Schulbauprojekte angestoßen, von denen 45 Schulen bereits eröffnet wurden. Auch die Bayerischen GemeindeZeitung engagiert sich mit einem Schulbauprojekt in Togo. Welche Rolle spielt die Kultur? Die Diskussion über die Rolle von Kultur und Kulturpolitik für die nachhaltige Entwicklung von Gesellschaften ist nicht neu. Bereits die Weltkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) über Kulturpolitik im Jahr 1982 in Mexico City brachte vielfältige Erkenntnisse aus Einzelstaaten zusammen. Die „Paris Declaration on Aid Effectiveness“ aus dem Jahr 2005 gilt als zentrales Dokument in der Debatte um die Wirksamkeit von EZ. So besteht das Ziel darin, dass sowohl Partner im Globalen Süden als auch im Norden gemeinsam die Verantwortung für Kooperationen tragen. Der aktuelle Entwicklungsfahrplan, die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“, wurde im Jahr 2015 von den Vereinten Nationen geschaffen und geht noch einen Schritt weiter. Denn die Agenda bricht die herkömmliche Unterteilung zwischen Entwicklungs- und Industrieländern auf. So wird die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter wie Frieden, die Durchsetzung der Menschenrechte, der Erhalt der Umwelt und des Weltklimas als Anpassungsleistung auch vom Globalen Norden erwartet, z. B. durch nachhaltigen Konsum oder Stadtentwicklung. Die Agenda 2030 beinhaltet zudem die Einbeziehung der lokalen Ebene in der EZ als eine zentrale Forderung an die Weltgemeinschaft. Seitdem wächst der Druck auf die Kommunen, das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung in der Bevölkerung mithilfe der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) zu verankern. Der sogenannte ‚SDG-Baukasten’ stellt den Kommunen Informationsmaterialien, Instrumente zur Bestandsaufnahme sowie die Möglichkeit zu Vernetzungstreffen, u. a. mit den Mitgliedern des „Club der Agenda 2030-Kommunen“, zur Verfügung. |
Anja Schuchardt
2. Teil der Serie...
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